Ich
zögere kurz dann sag ich „ja“. Ich liebe Ringewerfen. Auf dem
Hamburger Dom versuche ich es eigentlich jedes Mal. Gewonnen habe ich
noch nie etwas. Der Weg ist das Ziel. Obwohl "einmal Treffen" auch mal
ein schönes Ziel wäre.
20
Ringe für einen Euro. Ich zahle. Ich muss Willi überreden,
mitzumachen. Er zögert, aber wir teilen. Jeder zehn. Ich werfe den
ersten und treffe nicht. Natürlich nicht. Er geht weit vorbei. Ich
muss mich konzentrieren. Wie ich es immer versuche. Tief durchatmen,
tief in sich gehen. Jaja, ich weiß es ist nur ein Ringewerfen. Aber
im Kleinen fängt es an.
Ich
bin nun ganz in mir und...
Vorbei.
Weit vorbei. Willi lacht sich schlapp. Ich bin empört. Schiebe ihn
an die Wurflinie. Er will es besser machen ohne zu gucken. Hält sich
die Augen zu. Aber ich glaube er schummelt. Ich sage ihm das.
Gestenreich. Er trifft nicht einmal das Wurfreal. Der Ring fliegt aus
der Bude. Er hat wohl doch nicht geschummelt. Oder sich nicht richtig
konzentriert.
Ich
machs ihm mal vor. Stelle mich rückwärts zur Wurflinie. Da ich
selbst sehend und konzentriert noch nie getroffen habe, ist das
Risiko begrenzt, Als ich meine Augen öffne, blicke ich auf viele
Gesichter. Nach und nach haben wir Zuschauer bekommen, die die
Langnase und den verrückten Einheimischen beim Ringewerfen sehen
wollen. Ich gebe ihnen die Schuld. Sie sind ein schlechtes Publikum,
Sie müssen mehr anfeuern. Ich zeige ihnen was ich brauche:
Rhythmisches Klatschen. Sie machen es mir nach. Der Stand ist nun ein
Stadion. Was mehr Leute anlockt. Ich treffe trotzdem nicht. Und
ärgere mich. Wie ich mich halt ärgere. Die Leute lachen sich
schlapp. Über mich. Vielleicht verliere ich beim Ärgern über
verworfene Ringe mein Gesicht? Mir egal. Sollen sie. Dürfen sie. Ich
freue mich.
Dann
sind die Ringe aus. Kein Gewinn. Ich bin enttäuscht. Das Publikum
auch. Die Budenbesitzerin auch. Ihr Arm hält uns nun 50 Ringe
entgegen. Für einen Euro. Wir sollen doch bitte weitermachen. Ein
gutes Geschäft. Für sie. Wir treffen ja sowieso nicht. Denkste.
Nun
mache ich ernst. Versuche verschiedene Wurfarten. Drehe die Ringe an.
Willi versucht lieber heimlich über die Balustrade zu steigen und
seinen Ring sauber über einem der Preise abzulegen.
Sie
merkt es. Wir treffen nicht. Darum geht es auch schon längst nicht
mehr. Wir scherzen, albern, lachen. Die Menschen feuern an, grinsen,
grölen. Fordern immer neue Ringe für uns. Wir geben welche ab.
Fordern besonders mutige Zaungäste auf, es doch besser zu machen.
Wir treffen nicht. Sie treffen nicht. Nach einer Stunde sind es
hunderte Ringe, die über die Linie gingen. Schon längst zahlen wir
nicht mehr dafür.
Ich
kündige lautstark die letzten drei, die alles entscheidenden Ringe
an. Es geht schließlich um die inoffizielle
Ringwerf-Weltmeisterschaft in Xian. Ob die Menschen die Plakate nicht
gesehen hätten? Willi übersetzt breit grinsend. Das Publikum
glaubt kein Wort. Kein Wunder. So schlecht wie wir werfen.
Jetzt
will ich es wirklich wissen. Die drei finalen Würfe.
Drei
zweieins
KEINS!
Vorbei.
Gescheitert. Ich bin nicht Weltmeister. Willi aber auch nicht. Wir
lassen den Kopf hängen. Bedanken uns bei unseren Anhängern. Laufen
in ihre Kurve. Bedanken uns bei der Ausrichterin.
Fair
geht eben vor.
Dann gehen wir weiter. Der Stand leert sich.
Da war sie wieder: Die Weltsprache des Lachens.
Wir
haben uns allesamt bestens unterhalten.
Der Beginn von allem. Ich zeige meine Technik. |
Willi hat geschummelt... |
Denn mit Werfen trifft er auch nicht |
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