Sonntag, 29. April 2012

Der kleine gelbe Zettel

„Verdammt ich weiß, dass er wichtig ist!“
Bis eben war ich noch entspannt. Ist ja nicht mein erster Grenzwechsel und beileibe auch nicht mein erster Flug. Locker schob ich den Wagen mit dickem Rucksack in Richtung Check In, da fiel mein Blick auf die Hände meiner Vorderleute: Ein kleiner gelber Zettel zwischen ihren Finger.

Nun bin ich nicht mehr entspannt. Wenn man aus einem Land in Südamerika ausreist, gibt man bei der Abreise die Kopie des Einreisebelegs wieder ab. In anderen Ländern wird er in den Pass geheftet, hier erhält man ihn fast beiläufig zurück. Als Quittung, als Durchschlag. So ein Zettel eben - wie man ihn eigentlich immer in den nächsten Eimer wirft oder zwangsläufig verliert. Dieser Durchschlag ist meistens gelb. Erstmals wurde mir die Bedeutung bewusst, als eine nette Seniorin in Peru noch einmal zum Flughafen musste und unter großem Aufwand (zeitlich wie finanziell) einen neuen beschaffen musste. Ich hatte meinen noch. Natürlich. Habe ich je ein Stück Papier weggeworfen? Vorteile eines Papiermessis!

Seitdem deponiere ich die kleinen Scheißerchen in der Umschlagshülle meines Reisepasses. Das ist gut, das ist idiotensicher. Außer jetzt, wo da partout kein gelber Zettel aufzufinden ist. Sonst kriechen Check-In-Schlangen nur so vor sich hin. Diese rast und ich auch. Mit meinen Händen von Tasche zu Tasche. Portemonnaie? Nein. Umhängegürtel? Nein! Verdammt viel mehr habe ich gar nicht zum Absuchen. Mein Geist gleitet hinweg: Hab ich so einen Zettel überhaupt bekommen? Bestimmt nicht. So würden es echte Fraenkelsträßler machen: Zettel? Ich? Nie? Habe ich nicht bekommen. Ich schwöre. Natürlich werde ich es so versuchen. Gestählt durch zehn Jahre Schülerdiskussionen um verlorene Zettel. Aber auf Spanisch?

Bin ich überhaupt eingereist? Vermutlich, sonst stünde ich wohl nicht hier. Verdammt.

Üblicher Weise hätte ich mich nun um die weltweit einheitlichen Flughafenabsperrbänder mäandert.Bis ich an der Reihe bin. Aber nun? Meine Nerven liegen blank.

Vielleicht ist er auch nicht so wichtig? Andererseits warum sollten die Vorderleute ihn ansonsten derart provokativ in ihren Fingern wenden?

Wo wenn nicht bei meinem Südamerika-Asien-Kontinentwechsel sollte so ein Beleg bedeutend sein? Obwohl? Wir sind in hier schließlich in Südamerika. Also Relaxxen! In meinem Kopf explodiert es: Chile ist die Schweiz Südamerikas. Die Schweiz! Ich kenne die Schweiz. Ich werde den Zettel brauchen. Das ist sicher.

Vermutlich noch eine Kopie davon und ein Bankschließfachvordruck. Die Schweiz Südamerikas. Klingt nämlich so gar nicht nach lockerer Handhabe von Formalitäten. Warum denn die Schweiz, warum nicht...? Äh, ich überlege. Warum nicht Schweden? Das Schweden Südamerikas. Die Grenze zwischen Norwegen und Schweden. Da habe ich sogar mal im Zelt drauf geschlafen. Direkt auf der Grenze. Da brauchte ich auch keinen gelben Zettel. Verdammt.

Die vor mir sind am Schalter. Wie dumme Streber legen Sie Tickets, Bordkarten und die gelben Zettel auf den Tresen. Es geht schnell – zu schnell. Ich bin dran. Wie Gary Cooper in High Noon. trete ich zum Schalter. Meine schweißigen Finger legen den Pass ab, die Bordkarte ebenso. Die Dame schaut mich lächelnd an. Sie bräuchte noch den Durchdruck meines Einreisebelegs.

Ich lächle: „Achja, natürlich...“ Ich nehme ihr den Pass aus den Händen. Huch, nein hier ist der Zettel ja gar nicht. Welche Farbe hat der noch? Gelb? Achja, Moment. Ich greife zu meinem Portemonnaie und lächle, einen Moment. Nein, hier auch nicht – so was Dummes.

Ich überleg ob ich weglaufe oder weinen soll. Ob ich mich zu Boden werfe oder einen großen Dollarschein rüberschiebe? Die Gedanken blockieren sich gegenseitig.

Panik hilft nicht. Hilft nichts: Ich bin panisch: Wo ist er nur? Ich ziehe meinen Bauchgürtel auf den Tresen und öffne das Hauptfach blättere die weißen Zettel durch. Nein, äh hier – oh. Eine kleine gelbe Ecke blitzt. Mein Herz schlägt laut. Ich zupfe den Schein aus dem Beutel. Da ist er doch. Ich lächle. Lege ihn hin – griene in Richtung der Streber, die noch nicht weit weg sind und bekomme meine Stempel. Als wenn ich mich von so einem gelben Zettel aus der Ruhe bringen lassen würde.



Da ist er doch...


Samstag, 28. April 2012

Zahnarztbesuche in der Fremde

Keine Erkältung, keine Kopfschmerzen, kein Virus. Nur sehr kurze Magen-Darm-Probleme - natürlich! Aber ansonsten bin ich rundum fit. Wenn da nicht das Eine wäre:

Seit November habe ich Zahnschmerzen. Nicht doll, aber immer wieder. Deswegen bin ich Los Angeles zum Zahnarzt gegangen. Eine der besten Sachen, die man in Hollywood machen kann. In der „Smile-Klinik“ wurde ich herzlich betreut und beruhigt. Die Zahnklinik war wirklich professionell und Frau Dr. Sniter hatte in Oldenburg studiert und konnte wirklich exzellentes Deutsch sprechen. So hatte ich sie mir auch ausgesucht. Auf der Seite der deutschen Botschaften weltweit findet man eine gut gepflegte Ärzteliste. Also, nichts Schlimmes.

Vermutlich eher eine Kieferverspannung als was wirklich Zahnschmerziges. Ich bekam eine kurze Wärmetherapie, die sofort anschlug. Und dazu ein paar Tabletten gegen den neu aufkommenden Schmerz. Das reichte mir für die Beruhigung und der Schmerz ging weg.

Im Dezember bin ich dann doch lieber zu meinem heimatlichen Dentisten gegangen, der eine zweimonatige Behandlung begann. Vieles „was schon immer mal gemacht“ werden musste, wurde angegangen. Das war ganz schön schmerzhaft. Aber am Ende kommt es ja immer darauf an, dass der Schmerz weg ist. Dann hat es sich gelohnt. Ging er aber nicht. Am Tag vor meiner Abreise saß ich tragisch auf seinem Behandlungsstuhl. Nichts ging mehr.

So schlug ich mich durch Brasilien und Argentinien. Es tat nie so weh, dass man es nicht aushalten konnte, aber von „weg“ konnte keine Rede sein. Nun in Chile stand ich vor der großen Frage: Willst du mit den Zahnschmerzen nach Asien weiter ziehen? Oder sollte noch irgend etwas gerettet werden? Ich hatte keinen blassen Schimmer, was denn überhaupt zu tun sein würde.

Die Frage war also Chile oder China? Wen lasse ich an meine Zähne?

Dann begann ich die Momente zu zählen in denen ich täglich an meinen schmerzenden Zahn dachte und mir wurde klar: Es muss etwas geschehen. Schnell. Also Chile.

Auf der mir mittlerweile mir sehr gut bekannten Seite der deutschen Botschaft fand ich eine Reihe deutschsprechender Zahnärzte. Und einer gab sogar an, dass er nach deutschem Kassensystem abrechnen würde. Das war mir grundsympathisch, zumal mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar war, ob ich überhaupt die Kosten für den Zahnarztbesuch in Hollywood erstattet bekommen würde.

Ein bisschen arrogant ist man als deutscher Ärztegänger bei der Arztsuche ja irgendwie. Warum eigentlich? Zu glauben, dass nur deutsche Ärzte einen gut behandeln könnten, ist wirklich absurd. Zumal mir schon in Hollywood aufgefallen war, dass die Praxis ebenso modern wie die Behandlungsmethoden der Ärztin waren. Nun gut USA, aber Chile? Die Praxis von Dr. Hanke war ebenso schön und exzellent ausgestattet, die Mitarbeiter trotz der Sprachprobleme liebevoll und der Doktor selbst setzte alles in Bewegung, um mich in den verbleibenden zweieinhalb Tagen bis zu meinem Abflug schmerzfrei zu bekommen. Er sagte andere Termine ab, holte Spezialisten in den Abendstunden und widmete sich meinen Zähnen mit allerneustem Gerätschaften. Vier Stunden vor dem Abflug war ich „fertig“. Eine Wurzelbehandlung, eine neue Krone, schmerzfrei. Blitzschnell. Endlich!

Beim Blick auf die immer wieder neu eingesetzten  modernsten Geräte und der fortwährenden Erklärung ihrer Bedienung (Nun nimmt unser Zahnscanner einen Abdruck. Der Computer erstellt dann ein Modell...) kamen mir meine arroganten Bedenken ziemlich peinlich vor. Noch  nie war ich vermutlich derart professionell behandelt worden.

Wer also einmal ebenfalls auf große Reise gehen möchte, bekommt zwei Tipps von mir.

Erstens: Man braucht nicht alles für eine Reise in den Rucksack quetschen bis er untragbar geworden ist. Eigentlich gibt alles fast überall zu kaufen! In ebensolcher Qualität und meist sogar zu einem besseren Preis.

Zweitens: Es ist völlig absurd zu glauben, dass nicht überall auf der Welt wunderbare Ärzte ihr Handwerk gelernt haben. Mit ein bisschen Vorbereitung findet man die modernsten Ärzte der Welt in jedem hinterletzten Winkel dieser Erde. Dafür braucht man nicht „kurz zurück“ nach Deutschland fliegen. Im Gegenteil.

Angesichts der unfassbar langen Wartezeit bei meinem heimatlichen Zahnarzt im Wartezimmer und auf dem Behandlungsstuhl erwäge ich nun, meine jährlichen Kontrollbesuche in Chile zu machen. Das ist inkl. Flug preiswerter, nahezu schneller und scheint mir auch medizinisch kein Verlust zu sein.

Ich bin schmerzfrei. Bis heute. Dreimal auf Holz geklopft!


Falls ihr mal in Chile Zahnschmerzen bekommt, empfehle ich die
Praxis von Dr. Hanke.



P.P.S. Vielen herzlichen Dank an die Hamburger Beihilfe, die die Kosten für die Behandlung in Los Angeles bislang nicht übernahm und diverse weitere Belege fordert (was insgesamt über die Entfernung ziemlich leicht zu beschaffen ist). Es ist einfach schön zu wissen, dass man als Beamter rundum gut krankenversichert ist. (Die DeBeKa hat übrigens alles schnellstens und wie immer exzellent abgedeckt). Ich bin gespannt wie es mit Diagnosen und Rechnungen aus Chile aussieht, die schließlich nach „Deutschen Krankenkassensystem“ abgerechnet wurden.

Freitag, 27. April 2012

Ein sehr spezielles Getränk

Ich rühre etwas zaghaft in dem lauwarmen Zuckergesöff mit klebriger, softer Weizen-Graupen-Einlage. So recht erschließt mir bei meinem ersten Becher Mote con huesillos nicht, wie manch Gebräu zum Nationalgetränk werden konnte.

Vielleicht aber gilt auch für dieses Getränk, dass man den wahren Reiz erst nach dem zehnten Glas erkennt. Davon werde ich für lange Zeit neun Gläser entfernt bleiben...


 

 

 

Rezept für Mote con huesillos

Zutatenliste für 4 Personen:
  • 250 g ungeschwefelte, getrocknete Pfirsiche
  • 250 g Graupen
  • 0,5 l Orangensaft
  • 50 g Zucker
  • 1 Zimtstange

Zubereitung:

Die Pfirsiche abwaschen und für vierundzwanzig Stunden einweichen.
Am nächsten Tag das Wasser so weit abgiessen, dass die Pfirsiche nur noch etwa einen Zentimeter bedeckt sind. Die Zimtstange und den Zucker dazugeben und das Ganze bei niedriger Temperatur in etwa zehn Minuten weich kochen.
In einem zweiten Topf einen Liter Wasser mit dem Orangensaft aufkochen und anschliessend die Graupen einrühren. Unter gelegentlichem Rühren dié Graupen weich kochen. Die Graupen zum Schluss unter das noch warme Pfirsichkompott heben und das Dessert für mindestens zwei Stunden kalt stellen.

Die Erde bebt...

Ich sitze in Santiago. In einem Straßencafe von Bellavista. Und plötzlich zittert mein Colaglas. Es hört nicht auf auf dem Tisch zu klappern. Ich stutze. Dann kippt der freie Stuhl neben mir. Mit Wucht. Ich springe auf. Menschen stürmen aus ihren Häusern. Meine Beine stehen unsicher. Nichts was galt, gilt. Die Erde ist nicht fest unter mir. Sie gibt meinem Stand keinen Halt. Sie wackelt.

Ich erlebe ein Erdbeben.

Um mich herum wird geschrien. Erinnerungen. Vor zwei Jahren starben Menschen. Was kann ich tun? Nichts. Es ist nichts zu machen. Selbst „einfach abwarten“ geht nicht. Dafür wankt die Erde zu stark. Also tut man irgendwas. Rumrennen. Schreien. Sitzen. Dann ist es vorbei. Gespenstisch ruhig. Durchatmen. Die Beine bekommen Stand. Die Cola in der Waagerechte. Der Stuhl wird aufgestellt. Das Leben ist doch ein verdammtes Glücksspiel.




Chile ist am Sonntagabend (Ortszeit) von einem schweren Erdbeben erschüttert worden.

Wie die US-Erdbebenwarte USGS mitteilte, hatten die Erdstöße eine Stärke von 7,1. Das chilenische Amt für Notfallsituationen (ONEMI) gab lediglich eine Stärke von 6,4 an.

Das Epizentrum habe in einer Tiefe von 30 Kilometern etwa 215 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Santiago in der Region Maule gelegen, 24 Kilometer südwestlich der Küstenstadt Constitución.

Die größte Stadt in der Nähe ist Talca, die mit ihren knapp 200 000 Einwohnern gut 30 Kilometer entfernt liegt.

In Constitución und Temuco wurden die Telefonleitungen durch das Beben unterbrochen. Auch die Stromversorgung fiel größtenteils aus. In der Haupstadt Santiago de Chile gerieten Hochhäuser ins Wanken.

„Vorerst haben wir keine Informationen über Tote”, sagte Innenminister Rodrigo Hinzpeter. Es gebe aber „Hinweise” darauf, dass mehrere Menschen durch von Häusern herabstürzende Fassadenteile verletzt worden seien.

Das Erdbeben ereignete sich um 19.38 Uhr Ortszeit (Montag 00.38 Uhr MESZ). Das Amt für Notfallsituationen ordnete zunächst vorsichtshalber eine Evakuierung der Küstenregionen von Valparaiso bis Los Lagos an. Nachdem die Gefahr einer Tsunami-Flutwelle ausgeschlossen war, wurde die Anordnung wieder aufgehoben.

Am 27. Februar 2010 waren bei einem Erdbeben der Stärke 8,8 in Zentralchile mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen. Damals gab es Sachschäden in Milliardenhöhe. Ein Großteil der Schäden wurde durch Tsunamis verursacht.

Valparaiso - Die schönste Stadt der Welt

Valparaiso galt als die schönste Stadt der Welt. Unzählige Gedichte, Verse, Lieder wurden über sie gemacht. farbenfroh und weltoffen. Einst eine Weltstadt der Träume. Durch den Bau des Panamakanals nur noch eine alte Operndiva.
Und doch ist Valparaiso auch heute noch alles: arm und reich, farbenfroh und trist, laut und besinnlich, Pazifik und Anden. Heruntergekommen und bezaubernd. Tiefe Gosse und Weltkulturerbe.Treppen und nostalgische Aufzüge.

Ein Urteil will ich mir nicht erlauben. Was ist schon Schönheit? Es beibt Valparaiso.
Nur der große noch immer hoch verehrte chilenische Volksdichter Pablo Neruda kann über seine Stadt schreiben.


Valparaiso

Du bist ein Regenbogen vielfältiger Farben, Valparaíso, du großer Hafen

Die Treppen beginnen unten und oben und winden sich steigend. Sie werden fein wie Haar, gewähren kurze Rast, sind steil. Werden seekrank. Stürzen vornüber. Breiten sich aus. Weichen zurück. Enden nie. Wie viele Treppen? Wie viele Treppenstufen? Wie viele Füße auf Stufen? Wie viele Jahrhunderte von Schritten, treppauf, treppab, mit dem Buch, den Tomaten, dem Fisch, den Flaschen, dem Wein? Wie viele Tausende von Stunden, die die Stufen abgenützt, bis sie Kanäle waren, in denen Regen rinnt, spielt und weint?
Treppen!
Keine Stadt hat sie in ihrer Geschichte so verschwendet und aufgeblättert, hat sie in ihrem Angesicht so ausgestreut und vereint wie Valparaíso. Kein Antlitz einer Stadt besitzt diese Furchen, über die Leben kommen und gehen, als stiegen sie immerfort auf zum Himmel, als stiegen sie immerfort hernieder zur Schöpfung.
Treppen, die auf halbem Wege eine Distel mit purpurfarbenen Blüten zur Welt brachten! Treppen, die der aus Asien zurückgekehrte Seemann erklomm, den zu Hause ein neues Lächeln erwartete oder eine schreckliche Abwesenheit! Treppen, die ein Betrunkener wie ein schwarzer Meteor hinabstürzte! Treppen, auf denen die Sonne steigt, um den Hügeln Liebe zu spenden! Wenn wir alle Treppen Valparaísos begangen haben, sind wir um die Welt gereist

Pablo Neruda (Ich bekenne ich habe gelebt, DTV, 1993)



lachende Kinder



Wer alle Treppen Valparaisos erklommen hat...

hätte auch einen der vielen Zahnradaufzüge nehmen können



















Und auch ein bisschen Heimat



und noch ein bisschen...


Auf einem Vulkan

Von Puerto Montt schaut man auf den mächtigen Vulkankegel des Osorno.
Der Osorno gilt als erloschen. Eigentlich ist es also ein Berg. Der Aufstieg ist dennoch besonders. So viele Vulkane habe ich noch nicht erklommen. Immer wieder rutscht das Lavagestein weg und meine Füße rollen zurück. Beschwerlich. Aber ich bin alleine und habe alle Zeit der Welt. Die anderen wenigen Touristen fahren mit der Seilbahn. Sollen sie. Ich bin schon die neue Asphaltstraße mit dem Auto hochgebraust. Das reichte mir. Die letzten Meter will ich per pedes erleben.

Die Aussicht ist atemberaubend. Das schwarze Gestein spiegelt in der glänzenden Sonne. Von Ferne sieht der Osorno traumhaft aus. Gäbe es einen Vulkan-Musterpark, er stünde dort. Nur, dass er nicht qualmt. Beruhigt mich allerdings. Man weiß ja nie. Aber auch von Nahem lässt sich Erdgeschichte hier erahnen. Wie es einst kochte und brodelte. Wie ganze Landschaften durch Vulkanausbrüche entstanden. Wie Aschewolken die Welt verdunkelten. Hier ist es hell, sonnig. Der blaue Himmel tut sein Bestes dazu. Die letzten 100 Meter zur Aussichtplattform ebnet eine Leiter-Treppe. Dann bin ich oben. Guten Tag Chile. Schönes Land!


Der Osorno im Bilderrahmen

Und ohne




Mit dem Auto die neue Asphaltstarße rauf


Und auf gehts...







Die Füße rutschen aufdem Lavegeröll immer wieder zurück...











Die letzten Treppen-Leiter-Meter




geschafft!

Donnerstag, 26. April 2012

Vielleicht ein Kolibri und kein Seeelefant

Als das riesige Tier ins Wasser taucht, flehe ich, es möge noch einmal auftauchen. Es tut mir den Gefallen. Zentnerschwer dreht es sich vor mir im Hafenbecken. Ich stehe staunend daneben. Dann erst fällt mir mein Fotoapparat ein. Kurze Schnappschüsse, dann ist es weg. In die Tiefe abgetaucht. Was war denn das? Und es wird mir mal wieder klar: Ich habe keine Ahnung. Seehund, Seelöwe? Dies muss ein Seeelefant gewesen sein. So unfassbar riesig. Ist es aber nicht. (Schade eigentlich, weil mir Seeelefanten schon deshalb so sympathisch sind, weil ich sonst kaum Worte kenne, die drei aufeinanderfolgende eee´s haben - außer Teeei natürlich).

Im Hotel stelle ich nämlich fest, dass Seelefanten tatsächlich eine Art Elefanten-Rüssel haben. Sieht lustig aus, hatte dieses Tier aber nicht. Eher so ein Doggen-Gesicht. Ich google See-Dogge. Nichts. Also, schon ein paar Einträge, wie zu fast allen (Fantasie-)Begriffen die man googelt, aber nichts was nach Seetier aussieht.
Was dann? Vielleicht ein Walross? Ich stelle mir das ehemalige Hagenbeck-Wappentier Antje vor. In meiner Fantasie vergesse ich allerdings die riesigen Stoßzähne, die Antje hatte. Hatte mein Tier nicht. Aber ein paar Barthaare. Ich google und suche und nichts was ihm ähnlich sieht. Doch nur ein ein großer Seehund? Ein weibliches Walross? War Antje in Wirklichkeit männlich? Bevor ich einen Skandal aufdecke, höre ich auf. Ich breche ab. Ich habe keine Ahnung. Hätte ich doch nur ein Foto was seinen gewaltigen Körper besser abbildet. So ist nur die dicke Schnauze zu sehen.

Was bleibt? Ich habs gesehen. Was auch immer.

Als ich am nächste Morgen vor die Türe trete, scheint es als würde die Natur über mich spotten. Der kleinste Vogel, den ich je sah. Immer wieder fliegt er zu einer senkrechten Schnur. Bleibt sekundenlang in der Luft stehen. „Kolibri“, denke ich. Aber auch hier habe ich keine Ahnung. Können so etwas nur Kolibris? Fasziniert staune ich über diese Kunst.

Zwei Tiere. 2:0 für die Natur. Mal wieder. Vielleicht weiß ein Blogleser Rat? War dieses Vögelchen wirklich ein Kolibri und vor allem: Was war das Monstrum im Hafenbecken von Puerto Montt für ein Tier? Dankbar für Aufklärung.










Kuchen Aleman

Mein Blick geht auf den wunderbaren Vulkan Osorno. Nebensache. Mein Körper vibriert vor Aufregung. Dabei ist keine Frau in Sicht. Aber das was da auf meiner Kuchengabel klebt, ist eine Sensation. Marzipan-Nusstorte.
Es wäre ein Übertreibung, säße ich in Lübeck bei Niederegger oder im Café Andersen in Hamburg. Ich aber bin in Chile. Im kleinen Süden. Und zwei lange Monate hat kein Tortenstück meinen Gaumen gekitzelt. Wo auch?

Aber in Chile gibt es an jeder kleinen Bude Schokokuchen und Schwarzwälder Kirschtorte und alldies. Die ausgewanderten Deutschen brachten neben der Backwaren auch gleich den Namen mit: Kuchen Aleman!

Und wieder wird mir klar, wie sehr unsere Speisen unsere Heimat definieren.

Denn plötzlich, beim zweiten Bissen bin ich ganz Zuhause. Und das tut gut. Auf so einer Reise braucht man nämlich Anker. Und dieses Tortenstück ist ein hervorragender Anker. Zusammen mit dem Tee macht es gerade sehr glücklich. Das braucht man natürlich nicht jeden Tag. Morgen gibt es wieder Caldillo de congrio, die wunderbare Meeraalsuppe, aber in diesem Moment möchte ich noch ein bisschen zu Hause sein.:"Ein Stück Erdbeertorte, bitte!"


Ein Stück Heimat bitte!

Man kann den deutschen Einfluss nicht leugnen

An jeder Ecke...

...gibt es Kuchen