Montag, 14. Mai 2012

Chinesische Eindrücke

Die Chinesen sind auf meiner Reise um die Welt das mit Abstand hilfsbereiteste Volk, das ich besuchte. Und da braucht man nicht nur Sarah und Willi nehmen. Sicherheitsbeamte, die auf Flughäfen ihre Schalter schließen um für mich Hotel zu ergoogeln oder Zugbegleiter, die mich zum Lufthansa-Junior-Passagier werden lassen.
Es gibt kaum eine Schlange, einen Moment wo ich annähernd ratlos stehen könnte, ohne dass ein helfender Mensch sich meiner annimmt. Hoch interessiert an ihren Gästen, aus Europa, werden mir Löcher in den Bauch gefragt. Ganz gleich wie viele Brocken Englisch der Gegenüber spricht. Kinder und Senioren grüßen einen lächelnd mit einem stolzen „hello“ und freuen sich allesamt, wenn man sie begleitet. Eine Tour gemeinsam macht, Bus fährt oder zusammen etwas isst.

Das Interesse der Chinesen an mir Langnase war allerdings anfangs auch etwas gewöhnungsbedürftig, wenn im Nachtzug einem das Buch aus der Hand genommen wurde, um festzustellen wie die Schrift darin aussieht oder der Inhalt des Rucksacks genau inspiziert indem man einfach ungefragt alles rausholt und fragt: „Was ist das?“

Und nur um Missverständnisse vorzubeugen, dass ich hier Stigmata aufstellen möchte oder bediene: Völlig verständnislos reagierten alle, wenn sie erfuhren, dass ich kein Bier trinken würde: Alle Deutschen Männer trinken Bier.

Also auch meine Beobachtungen sind natürlich keineswegs eine Beschreibung „des Chinesen ansich“. das wäre ja auch Unfug. Stattdessen einfach mal ein paar lockere Erfahrungen, die ich mehrfach gemacht habe...

Mit Chinesen Auto zu fahren ist zum Beispiel ein ganz besonderes Vergnügen. Die Fahrer, die ich erleben durfe – von Busfahrer über Taxifahrer sind offensichtlich in der Fahrradzeit stehen geblieben. Sie benutzen die Hupe wie einst die Klingel zur Kommunikation der Vorfahrt. Das chinesische Fahrradknäuel, das noch vor wenigen Jahren auf den Kreuzungen der Städte zum Alltagsbild gehörte, ist gewichen. Das Prinzip bleibt. Man fährt nach Echolot wie die Delphine.

Ich fragte einen netten Kleinbusfahrer, warum er denn immer Hupen würde, wenn er auf der Autobahn ein anderes Fahrzeug überholen würde? „Damit er weiß, dass ich komme“ „Aber wozu ist das wichtig? Er fährt doch auf einer anderen Spur?“ „Damit er die Spur nicht wechselt.“ „Warum sollte er die Spur wechseln? Hunderte Meter vor ihm kommt kein anderes Fahrzeug?“ „Warum sollte man nicht hupen?“

Das frage ich mich auch. Aber eine schöne Vorstellung, wenn auf deutschen Autobahnen nach ähnlichem Prinzip gefahren würde. Ein wunderbares Konzert. Rückspiegel? Abschrauben!

Chinesische Frauen sind großartig. Ich amüsiere mich köstlich. Ich habe das Gefühl, dass eine chinesische Frau niemals ohne irgendeinen Pink-Ton am Körper aus dem Haus tritt. Chinesinnen lieben grelle Farben. Ganz besonders allerdings rosa. Und sie lieben es fotografiert zu werden. Das Victory-Zeichen ist das mindeste was präsentiert wird. Die Damen posen professionell. Auch Großmütter machen fürs Foto Faxen. Und die Männer? Die Schweigen und Knipsen.

Lustig finde ich die enorm großen Gruppen mit denen Reisende immer unterwegs sind. Vorneweg immer irgendein Guide mit Megaphon. Der immerzu irgendwelche Erklärungen brüllt. Alle mit Fotoapparaten bewaffnet und mit gleichfarbigen Cappies oder T-Shirts uniformiert, wird jedes einzelnde Ausstellungsstück abgelichtet. Und während ich immer versuche es möglichst unberührt oder menschenleer abzufotografieren, werden Menschen sogar so platziert, dass es zum Bersten voll ist. Keine Ahnung warum ich "unberührt" schöner finde. Aber dieses geht vielen Deutschen so, während die Amerikaner da auch ganz anders ticken (Wo viele Menschen sind, muss es gut sein - also rauf aufs Foto!)
Das alles ist schön. Liebenswert. Nur eines an das ich mich all die Zeit nicht gewöhnen konnte:

Das Rotzen! Ich weiß, dass große Bemühungen gemacht werden dieses aussterben zu lassen , dass viele Jugendliche in China sich davon abwenden und es früher viel schlimmer gewesen sein soll. Aber ehrlich? Dieses tiefe Einsaugen über die Nasenschleimhaut bis in den Rachen. Mit anschließendem orkanartigen rausschießen des Glibbers hört man im Sekundentakt. Und die Straßen sehen auch so aus. In einem Buch habe ich gelesen: „Ich wunderte mich über die glitschige Eisbahn vor meinem Hotel im Winter. Dann wurde mir klar über was ich schlitterte...“

Eine tief verwurzelte Rotzkultur. Gewöhnungsbedürftig.

Aber ich liebe die Chinesen. Mit ihrer Freundlichkeit , dem Interesse und der Unbedarftheit mir gegenüber, die ich vielleicht auch nur so interpretiere. Mit ihrem Willen, Mut und Lust sich zu verändern, gar immer wieder neu zu erfinden. All diese Gegensätzlichkeiten und Unterschiede in Kultur, Politik , Traditionen und Finanzen. Wunderbare Zeiten, tolle Freunde, fantastisches Land.

Da lass ich nichts drauf kommen.

Nicht mal Spucke!



Dieser freundliche Herr, wollte unbedingt mit mir Taxi fahren, obwohl er weder Englisch sprechen konnte, noch in meine Richtung musste... (gut, dass mein neuer Freund Zhiyuan mit an Bord war und ein wenig dolmetschte)

Wir vergnügten uns königlich und er fuhr danach direkt zurück




Foto-Posing

Rosa
(Mütze, Schuhe, Jacke vlnr)

Je mehr desto besser - und immer schön Cappie auf dem Kopf

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