Ich
streife durch die Gassen. Eine „All-inclusiv“-Eintrittskarte
erlaubt mir über 50 besondere Stätten in Pingyao kostenlos zu
besuchen. Allesamt nicht weltbewegend, zeigen sie dennoch ausführlich
die Kultur verschiedener Epochen in Pingyao. Ich schaue hinter
Mauern, in kleine Museen und Stuben und besuche Tempel. Dieser hier
ist besonders schön. Ein riesiger Buddha wartet im Eingangsbereich.
In andächtiger Stille nähere ich mich ihm. Ein freundlicher
Tempeldiener empfängt mich und zeigt mir wie ich mich dreimal
verbeuge. Ich tue es ihm nach. Er reicht mir Räucherkerzen und lädt
mich ein diese zu entzünden und in den vorgefertigten Sandkasten zu
stecken. Ich zucke, denn in Peking begänne nun die Phase in der man
sehr genau aufpassen müsse, nicht komplett übers Ohr gehauen zu
werden. Aber ich bin in Pingyao – weit weg von Peking. Rührend
führt er meine Hand damit auch jeder Bewegungsablauf stimmt. Dann
gehen wir zusammen zu einem Tisch der voller Stempel und Symbole
liegt. Er blättert einen Symbolordner durch und ich soll meinen
Finger ganz zufällig zwischen die blätternden Symbole stecken. Er
macht es vor. Ich tue es ihm nach. Er zeigt mir das Symbol und sucht
den dazu passenden Stempel und stempelt es mir behutsam auf ein
kleines feines Stückchen Papier. Dieses Symbol sei eines der Besten.
Es bedeute Glück und Liebe. Das gefällt mir gut. Ich stecke den
Zettel in mein Portemonnaie.
Nun
bin ich an der Reihe das Symbol in ein großes Buch zu stempeln. Das
tue ich. Er ist glücklich, ich auch. Mit liebevoller Genauigkeit
spielt er das magische Prozedere ab.
Dann
reicht er mir ein letztes Buch. Eine Art Gästebuch. Ich trage mich
gerne ein. Name, Vorname, Land, Beruf, Reisezeit in China, bezahlte
Spende.
Bezahlte
Spende? Ich schaue ihn an. Er schaut mich an. Er deutet auf all die
anderen Namen und Spendensummen: 500 Kuai, 1000 Kuai, 300 Kuai.
Irgendwo fünfzehn Seiten vorher finde ich – fast verblasst von
anderen panikartigen suchenden Fingern – Emma, Niederlande, 100
Kuai. Wie dankbar ich Emma bin. Ich trage 100 Kuai ein. So weit weg
ist Pinyao von Peking also doch wieder nicht. Der Tempeldiener ist
nicht enttäuscht. Warum auch? 100 Kuai sind immerhin doppelt so viel
wie das Eintrittsgeld für alle 50 Sehenswürdigkeiten zusammen (oder
zweimal betrogen Rikschafahren). 12,50 Euro. Für drei Räucherkerzen
und einmal Symbolkartenlegen mit Stempeln. Aber was will ich
eigentlich? Mir hat man Glück und Liebe vorausgesagt. Von Reichtum
war keine Rede.
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Tempelbesuch |
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Dreimal Verbeugen |
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Räucherkerze anstecken |
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Räucherkerzen brennen |
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Dieser Symbolstempel bedeutet: Glück und Liebe
Vielleicht aber auch: Quittung über 100 Kuai |
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