Montag, 14. Mai 2012

Bei Dr. Ho

Heute geht’s nach Baisha. Ein sehr geschichtsträchtiges Städtchen. Sehenswert. Aber eigentlich gibt es nur einen wahren Grund sich auf die Tour dorthin zu machen. Den weltberühmten Kräutermediziner: Dr Ho
Ich habe gar kein Leiden oder Gebrechen, das ich ihm präsentieren könnte (meinem Rücken geht es Dank einer speziellen Fluchttherapie exzellent siehe auch Mal im Ernst) Aber einen Blick würde ich gerne erhaschen. So viele Reiseführer und Magazine haben über ihn berichtet und sogar eine Reportage im NDR widmet sich seinem Leben.

Der Mann muss nicht nur ein guter Kräuterkundler sein. Seine Aura muss überwältigen.

Ich nehme – mal wieder – das Rad. Nachdem ich von meinen fixen Aufstieg über die 28 Kehren in der Tigersprung-Schlucht geprahlt hatte, muss viel passiert sein. Ich weiß nicht wann mir das letzte mal zehn Kilometer so lang vorkamen. Es zieht sich. Und meine Beine sind schwer wie Blei. Ein einfaches Vergnügen ist dieser Ausflug nicht. Ich frag mich ernsthaft was mit mir los ist. Am mangelnden Frühstück kann es nicht liegen, schließlich war ich vorhin ausgiebig Frühstücken an meinem Heimat-Fenster im N´s. (siehe auch Bilder aus Lijiang)

Aber ein Weg zu einem weltberühmten Mediziner darf strapaziös sein.

Ich brauche über eine Stunde für den Katzensprung.

Ich wandere durch Baisha und genieße die Stadt. Schlendere durch die kleine Marktgasse. Die Adresse von Dr. Ho habe ich nicht dabei. Aber im Internet habe ich gelesen: Du musst ihn nicht suchen, er sucht dich. Und so stehe ich plötzlich und unvermittelt vor dem Haus von Dr. Ho. Große Bilderrahmen zieren den Eingang. Zeitungsausschnitte aus der ganzen Welt sind dort abgebildet. Seine Aura mag grenzenlos sein, seine PR-Arbeit scheint besser. Ich lese und lese.

„Good Morning!“ - ich drehe mich um und sehe ihn. Ein alter, kleiner Mann. Er sitzt auf einer Steinbank auf der anderen Straßenseite. Er steht auf und kommt zu mir. Alt zwar, aber nicht gebeugt. Klein, aber aufrecht.

Es gibt Momente die verändern. Es gibt Menschen die bewegen. Und mir wird mit schlagartig deutlich: Es ist nicht die PR-Arbeit. Er ist es.

Seit dem Moment als er mich ansprach. Ist irgendetwas anders in mir. Wie er mich fixiert, sich meiner annimmt.Seine Blicke gehen tief in mich. Und was er sagt berührt. Er lädt mich ein in sein Haus zu kommen. Er erzählt mir seine Lebensgeschichte, die Geschichte eines Unterdrückten, der nur Dank seiner Frau überlebte. Und seiner Lebensphilosophie: Happyness!

Mein Herz hüpft. Ich erzähle ihm von unserem Schulfach LebensArt, das wir vor drei Jahren einführten und das genau seine Lebensphilosophie als Basis hat. Glücklich sein! Er ist begeistert und sagt ich wäre ein guter Lehrer. Er kennt mich überhaupt nicht. Und dennoch freut es mich sehr.

Dann zeigt mir seine Kräuterkammer. Wer eine romantische Schatzkammer erwarten würde, wäre enttäuscht. Die bunten Plastikfässer liefern wenig Romantik. Aber Heilung. Hoffnung.

In den vielen Briefen aus der ganzen Welt bedanken sich die Menschen. Dr. Ho hat ihnen geholfen. Seine Kräutertees fliegen rund um den Globus. Und die schwer Kranken zu ihm. Er schaut sie vermutlich an. Wie er mich ansieht. Er gibt ihnen seinen Tee als Medikament. Aber vorallem hat er ihnen Hoffnung gegeben. Happyness.

Er ist ebenso Schulmediziner. Und er erklärt mir das Problem. Die Schulmedizin kennt die Kreisläufe. Der Organe. Des Lebens. Aber sie vergisst, das es neben den körperlichen Kreisläufen noch einen anderen gibt. Den der Seele, des Geistes. Nur am Körper zu reparieren, den Kreislauf reparieren zu wollen, reicht nicht aus. Nicht immer. Man muss sich um den ganzen Menschen kümmern. Um beide Kreisläufe.

Happyness.

Über eine Stunde sitze ich bei Dr. Ho. Auch mir stellt er einen Tee zusammen. Und als ich ihm von Sandra erzähle und ihm ein Bild zeige, auch für sie noch einen. Als ich seine Praxis verlasse, bin ich glücklich. Er hat mich nicht untersucht, nicht behandelt. Ich war ja auch nicht krank. Aber nun bin ich richtig gesund.

Ich schwinge mich auf mein Fahrrad und fliege zurück. Für die zehn Kilometer, für die ich auf dem Hinweg noch über eine Stunde brauchte, benötige ich lediglich 20 Minuten. Unglaublich was Dr. Ho bei mir bewirkt hat. Vielleicht spielt aber auch die Tatsache eine Rolle, dass es auf dem Rückweg zehn Kilometer steil bergab geht.


Dr Ho


Vor seiner Praxis

Mit dem Radel zum Dr. Ho

Der Weg ist anstrengend aber wunderschön!


Hunderte Artikel über den Wunderarzt warten vor der Haustür


Dr. Hos Kräuerkammer


Der abgepackte Wundertee


Klein, aber sehr aufrecht

Philosophie


Über 90 Jahre alt

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