Es gibt vermutlich nicht viele Menschen, die innerhalb von drei Monaten zwei der bedeutendsten Wasserfälle der Welt zu Gesicht bekommen. Über die Victoriafälle zwischen Sambia und Zimbabwe berichtete ich an dieser Stelle voller Berührtheit und Glückseeligkeit. Ein schmaler Klippenweg hatte uns zum Sonnenuntergang dieser rauschenden Pracht geführt. Nun waren die wohl meistbesuchten Fälle der Welt der Abschluss unseres Kanada-Törns: Die Niagarafälle zwischen den USA und Kanada.
Um es vorweg zu nehmen: Wir waren schockiert und konnten erst zwei Tage später bei einer Bootstour an den unteren Rand der Fälle noch Frieden mit diesem Naturschauspiel schließen, das so gar nichts mehr mit Natur zu tun haben schien.
Es sind wunderbare Wasserfälle, dich sich gradlinig (die US-Fälle) und in Form eines Hufeisens (in Kanada) mit ungeheuren Wassermassen in die Tiefe stürzen. Deswegen werden sie auch angeleuchtet, wenn man abends endlich mal ungestört auf der acht Meter breiten vollasphaltierten Promenade entlangspaziert, um sie abseits des Hafengeburtstagsandrangs des Tages betrachten zu können. Angeleuchtet ist dabei ein schwaches Wort. Richtiger wäre: Vollständig Verstrahlt und zwar mit den stärksten Scheinwerfern, die ich je gesehen habe und zwar in blau, rot, lila, gelb und grün. Und zu allem Überfluss auch noch im ständigen Farbwechsel.
Rund um die Niagarafälle wurden auf beiden Seiten Hotels gebaut, die möglichst hoch in den Himmel ragen, um den Gästen den besten Ausblick zu ermöglichen. Dazu noch Riesenräder, Spielcasinos, Freizeitparks und alles was ein Mensch sonst noch so braucht, wenn ihm ein grandioses Naturschauspiel nicht ausreicht.
Das nervt und ist dennoch irgendwie erklärbar. USA und Kanada sind natürlich weder Sambia noch Zimbabwe. Es sind viel mehr Touristen zu versorgen und ein schmaler Klippenweg würde zu schweren Unglücken führen. Die Niagarafälle ernähren eine ganze Region und das nicht in Dritte Welt-Ländern sondern in harten Industrienationen. Natürlich wird alles mögliche getan auch den letzten Dollar aus den Besuchern zu saugen. Sanfter Tourismus/ Ökotourismus sieht anders aus.
Hat man sich damit abgefunden, kann man Niagara genießen. Wir brauchten drei Tage. In einem Schiff mit Menschen aus allen Kontinenten machten wir uns auf dem Weg zum unteren Rand der Fälle. Alle steckten in blauen Müllsäcken. Das war derart absurd, dass ich nur noch die Menschen fotografierte und filmte und die Fälle zweitrangig wurden. Lieblingsmotiv: Wie sich Asiaten mit Amerikanern und Europäern um die besten Fotoplätze balgten, während wir allesamt wie Schlumpfhausen bei ALDI aussahen. Und zu guter Letzt, als Höhepunkt der kleinen Bootstour, verkündete der Lautsprecher auch noch, als die Spritzer fast zum Schwall geworden waren und das Rauschen glücklicherweise das meiste der Ansage verschluckte: This is niagara-falls. Ach nee!
Aber irgendwie in dieser Mischung aus Lautsprecherdurchsage, Schlumpfhausenkostüm und Foto-Überlebenskampf machte es bei mir Klick. Ich schaute auf die Niagarafällen und plötzlich waren sie in mir. Alles um mich herum verschwamm ins Unwichtige und ich hatte den Weg in diese Welt gefunden. Ich sah die glücklichen Gesichter all dieser Menschen, ich klappte die Müllsackkapuze zurück und nahm Sandra in den Arm. Das Wasser lief uns über die Stirn und spülte meine Kritik hinfort. Wusch alles pseudo-weltmännische hinfort. Wer war ich denn eigentlich? („Die Victoriafälle in Afrika sind aber viel beeindruckender“). Man hat kein Alleinrecht auf Naturwunder. Sie alle waren gekommen um die Fälle zu sehen. Und hier waren sie: This is niagara-falls.
Abends buchten wir uns ins Restaurant am Sky-Tower und nutzten den höchsten Turm der Umgebung um in einem drehenden Restaurant alle 60 Minuten direkt auf die Fälle gucken zu können. Das war ganz wunderbar.
Der Sky-Tower leuchtet die Fälle abends übrigens sehr hübsch in verschiedenen Farben an.
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Die kanadischen Fälle in Hufeisenform |
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schön bunt! |
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Skytower am Rande der Fälle |
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Maid of the Mist ;-) |
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Die amerikanischen Fälle (und viele hohe Häuser im Hintergrund) |
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Absperrung für Fotos... |
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Aber Regenbogen wie in Afrika |
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Blaue Müllsäcke |
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Der Kampf um die besten Plätze |
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Schlumpfhausen bei ALDI |
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Und alles ist gut in Schlumpfhausen |
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Von unten direkt an die Fälle |
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amerikanische Fälle |
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und direkt aus dem Skytower |
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ein wunderbares Essen mit fantastischem Blick |
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und die kanadischen Fälle aus dem Restaurant |
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wenn schon, denn schon...
Fotopaket im Skytower. Das ist Amerika! |
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