Samstag, 10. September 2011

Grenze, Caprivi, Perlhühner und Bundesliga

 
Was macht man am ersten kompletten Tag, den man alleine durch Afrika fährt?
  • Eine Grenze überqueren (weil das ja bislang immer mit viel Freude verbunden war)
  • Keinen Elefanten überfahren (weil das sicher nie mit viel Freude verbunden ist)
  • Bundesligaschlusskonferenz über Livestream auf NDR 2 hören (weil das ja lange nicht mehr mit viel Freude verbunden war)
  • Perlhühnchen beobachten (weil die verrückt sind)
Mit gehörigem Respekt und 200 km Anlauf fuhr ich von Livingstone nach Katima Mulilo, wo der dritte Grenzübergang unserer Reise wartete und mein erster alleiniger. Diesmal also von Sambia nach Namibia. Angesichts der Tatsache, dass die Grenzer in Botswana eigentlich die einzigen freundlichen waren, Botswana allerdings wenig mit dem Grenzübertritt Sambia-Namibia zu tun hat, waren die Erwartungen an die folgenden Stunden eher „gedämpft“.
Ich wollte also an die einzige Grenze dieser beiden Staaten und erwartete viele „Agenten“ (siehe Grenzübertritt 2). Ich hatte mir fest vorgenommen, sehr deutlich und klar „nein“ zu sagen.
Ich wollte dieses – koste es was es wolle und dauere wie lange es wolle – alleine bewältigen.
Schon ging es los: Ich wurde in einen Parkplatz gewunken. Damit fängt in Afrika immer alles an!
Ein bis 100 Menschen winken einen in einen Parkplatz, den man auch selbst erkennen würde und in den man auch selbst einparken könnte und alle wollen danach für ihre Hilfe Geld. Ganz egal, ob man darum gebeten hat oder nicht.
Dieses Mal also nur einer – wo waren denn die anderen 100?
Ich blieb im Auto sitzen und kramte in imaginären Unterlagen. Eine bewährte Taktik, die mit der Länge der Kramerei immer erfolgreicher wird, insbesondere wenn weitere Autos eingewunken werden müssen.
Dann stiegt ich aus und „mein“ Einwinker war nicht mehr zu sehen. So weit so schlau!
Ich ging ins sambische Grenzhäuschen und ein relaxter Grenzer saß dort und zeigte mir die Formulare. Ich trug mich ein und alles wanderte wie immer auf einen unüberschaubaren Papierhaufen.
Ich wurde ins nächste Zimmer weitergeleitet und tastete nach dem Geld in meinen Hosentaschen. Dort hatte ich Kwachas, Namibische Dollar und US-Dollar in Bündel sortiert und konnte sie fast sekundenschnell abgezählt vorlegen.
Hier musste also mein Auto die nötigen Unterlagen erhalten. Eine Unterschrift und ich wurde weitergewunken. "Nur noch fünf Stationen", dachte ich bei der Erinnerung an die sieben Stationen der Einreise und ich hatte noch all mein Geld in der Hand und noch immer war kein „Agent“ zu sehen.
Nun stand ich hilflos im Flur und fragte mich, welche der Türen die nächste auf meinem Weg nach Namibia sein würde.
Ich ging zur ersten Station und fragte den relaxten Grenzer. Er schaute sich meine Papiere an und nickte zum Ausgang: „Sie sind fertig! Gute Reise“. Ich stolperte sprachlos in mein Auto und machte mir klar, dass Ausreisen ja auch eigentlich nie ein großes Problem dargestellt hatte.
Ich fuhr über die Grenze nach Namibia und hielt dort am Häuschen. Der Grenzer sah eher aus wie ein DJ und begrüßte jeden Neuankömmling mit lockeren Sprüchen. Er schickte mich in ein Häuschen, das völlig verlassen war. Dort trug ich mich in eines der sieben ausliegenden Bücher ein. Dann ging ich wieder vor die Tür zum DJ.
Mittlerweile hatte er fünf Freunde im Schlepttau: „Du hast noch viel Platz in deinem Wagen – kannst du meine fünf Freunde mit nach Rundu nehmen?“ Ich schaute auf die fünf hochgewachsenen Jungs und zögerte einen Moment. Eigentlich wäre das eine nette Geste.
Aber ich traute mich nicht und erklärte, dass meine Autovermietung Anhalter verbot. Das war sogar die Wahrheit. Er zuckte mit den Schultern, klopfte mir auf den Rücken und ich war in Namibia.
Keine 30 Minuten hatte dieser Grenzübergang gedauert. Ich war sprachlos!

Ich glaube, es warnt vor Elefanten...

Nun ging es durch den Caprivi-Streifen der einst im große Sansibar-Helgoland-Vertrag 1890 (Vertrag im Wortlaut)  als wichtiges Verbindungsstück der beiden deutschen Kolonien Deutsch-Ostafrika (Das Gebiet des heutigen Tansanias, Burundis, Ruandas und ein kleiner Teil von Mosambik) und Deutsch Südwest-Afrika (Namibia) zusammen mit Helgoland gegen Sansibar mit England ertauscht wurde.

das auch...
Benannt nach dem Deutschen Reichskanzler Leo von Caprivi (Wikipedia über Leo von Caprivi).
Der Caprivi-Streifen war aber auch in den letzten Jahren immer wieder in den Schlagzeilen und galt lange Zeit als gefährdetes Touristengebiet. Immer wieder schwappte der Krieg aus Angola hierher und auch die Bewohner selbst versuchten mit Aufständen gegen die namibische Regierung Caprivi zum autonomen Staat zu machen. Nun  ist er sicher und immer mehr Touristen entdecken diesen wunderschönen Landstrich. Eine breite und glatte Asphaltstraße (finanziert und gebaut durch die Bundesrepublik Deutschland) führt schnurgerade durch das Land und führt nach links und rechts in den Nationalpark. Die einzige Gefahr geht dabei von den riesigen Elefantenherden aus, die immer mal wieder spontan auf der Straße stehen, wie breitflächig aufgestellte Verkehrsschilder warnen. Aber wie bislang die ganze Reise hindurch sind Warnschilder die besten Methode, diese Tiere ganz sicher nicht zu Gesicht zu bekommen. Wir hatten trotz diverser Tiere auf Schildern, nie eines gesehen was angekündigt war. Also: Elefantenebbe!

Perlhühnchen
Dafür ein Campingplatz mit Perlhühnchen, die wir schon in Etoscha als eigentliche Stars ausgemacht hatten...
Stets im Pulk laufen sie im Gleichschritt pickend durch die Gegend, um beim kleinsten Geräusch aufgeregt 50 Meter rückwärts zu fliegen. Danach nähern sie sich wieder minutenlang vorwärts pickend an. Das kann über Stunden so gehen und macht eigentlich keinen Sinn. Sieht aber grandios aus.

Zu guter Letzt genoss ich die wunderbare Erfindung des Livestreams auf NDR2 um die Bundesligaschlusskonferenz auch im letzten Winkel dieser Erde hören zu können.. Aber die Titulierung als „wunderbare Erfindung“ muss ich dem Livestream mittlerweile angesichts der desaströsen HSV-Ergebnisse nach einigen gehörten Livestreams wieder absprechen. Der Livestream ist das Stadion des Weltreisenden und deshalb ist es mir völlig völlig klar, dass seine Benutzung in den allermeisten Fällen mit Enttäuschung, Wut, Resignation und Trauer verbunden ist (siehe dazu auch den (besonders heute passenden) Abendblatt Leserbrief von 2009)
Und so gilt: Noch nie habe ich eine Livestreamübertragung enttäuscht abgebrochen. Aus einem Stadion gehe ich auch nie vor dem Schlusspfiff!

Und am nächsten Samstag werde ich wieder im Stream/Stadion sein...



Enttäuschung vorprogrammiert - Bundesliga-Livestream











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