Freitag, 30. September 2011

As salam alaikum Dubai! Hallo Asien!

Nur eine kleine Stippvisite in Asien. Ich mache einen sechstätigen Stopover in Dubai. Noch am Abend vor dem Abflug wurde ich plötzlich unruhig. Eigentlich sollte Dubai meine erste Station ohne Mietwagen werden, aber im Internet steht: Ein Mietwagen ist in Dubai-Pflicht. An anderer Stelle lese ich: beim ersten Mal kommt man gut ohne Mietwagen aus, aber dann...
Ich entschließe mich, kein „erstes-Mal-Urlauber“ zu sein. Wenn ich schon im Wüstenemirat halt mache, dann will ich alles. Das habe ich nun davon.

Es ist fünf Uhr morgens Dubai-Zeit und ich stehe am Flughafen. Völlig übermüdet, weil ich natürlich beim neunstündigen Flug kein Auge zu bekommen habe und es nach Kapstadt-Zeit auch erst 3 Uhr ist. Und nun soll ich mit einem Mietwagen mein Hotel finden, dessen Adresse ich nicht richtig kenne? Na sauber!

Es ist ein Automatikwagen, es ist Rechtsverkehr nach zwei Monaten Linksverkehr und ich bin immer noch müde und kenne mein Ziel nicht ausreichend.

Aber all das ist nichts, gegen den Dubaier-Autofahrer ansich. Ich bin in Paris gefahren, habe Italien durchquert und in Lusaka die Rushhour mitgenommen – alle fahren rasant oder sportlich, aber was ich in Dubai erlebt habe, ist unbeschreiblich.
Mein Reiseführer riet "so defensiv wie möglich" zu fahren und für die anderen mitzudenken, weil sonst Unfälle vorprogrammiert seien. Nie hatte eine Reiseführer derart Recht.
Zum einen fahren einige Autos 50 auf der Autobahn und gehören zu der Kategorie „Fahrer mit Hut“ (sprich mit Turban). Sie fahren mittig – also nicht in der mittleren von drei Spuren, sondern in der Mitte von zwei Spuren. Andere, die ich „Unfallopferfahrer“ nenne, fahren 160 kmh und wechseln die Spuren ohne zu blinken von ganz rechts nach links oder auch andersrum. In den meisten Fällen reicht ihnen die halbe Spur, die die „Fahrer mit Hut“-Fahrer ihnen übrig lassen.

Die Scheich Zayed-Road ist die gefährlichste Straße des Emirats und jährlich kommt es zu diversen Todesfällen. (sogar das auswaertige Amt warnt: "Im internationalen Vergleich und Durchschnitt liegen die Emirate, was die Zahl der Verkehrsunfälle mit Todesfolge angeht, sehr weit oben. Daher bitte sehr zurückhaltend und vorsichtig fahren")

Und zufälliger Weise ist dies die einzige Straße, die annähernd in die Nähe meines Hotels führte.

Ich also ímmer schön defensiv, aber nicht so defensiv wie „Fahrer mit Hut“ und überhaupt: „alles lasse ich mit mir auch nicht machen... In Hamburg wird auch Auto gefahren und wie ne Hupe geht, weiß ich auch“
Also immer an der Grenze zum Unfallopfer Richtung Hotel. Wenigstens die Sonne geht langsam auf und ich nähere mich nach 60 Minuten im Zick-Zack-Stil meinem avisierten Stadtteil.

Ich verfluche mich für den Mietwagen, weil ein Taxi mich sicherlich schon sicher (wie sicher es auch geht) am Hotel abgesetzt hätte.

Dann lese ich AlBarsha was der Hauptteil meiner Hoteladresse ist und will abfahren. Dubai besteht eigentlich nur aus Autobahnen und in dem Moment wo du dein Ziel erspähst oder ein Hinweisschild erblickst, ist es eigentlich schon zu spät. Es sei denn, du kannst drei Spuren in 2 Sekunden queren wie ein „Unfallopferfahrer“ und hast zwei „Fahrer mit Hut“-Fahrer in der Nähe, die dir ne halbe Spur abgeben oder zumindest einen defensiven europäischen Touristen.

Wenden geht nie und die Idee einfach die nächste Ausfahrt rauszufahren und auf der anderen Seite wieder rein, führte mich an diesem Tag immer weiter Richtung Abu Dhabi. Denn immer wenn man die Autobahn verlässt, ist man auf einer anderen auf der man auch nicht rausfahren kann.

Nach einer weiteren Stunde (Zwischenstand: 2 Stunden) habe ich die lokalen Straßen von AlBarsha erreicht, aber noch lange nicht mein Hotel mit der Adresse „AlBarsha 1“ Viel zu spät stelle ich fest, dass „AlBarsha 1“ ein ganzer Stadtteil ist – etwa in der Größe von Barmbek Nord und das Hotel so bekannt wie das Hotel Trugensack in Barmbek (kennt ihr nicht? gibt’s auch nicht!)

Nach 3 Stunden – es ist mittlerweile rund 8 Uhr, bin ich am Ende meiner Kraft.
In Kapstadt war es schön, da war es übersichtlich, da war Linksverkehr und außerdem war es da verdammt nochmal erst 5 Uhr morgens und ich läge noch im Bett.
Ich fahre an den Straßenrand und mache einen Fehler. Ich will aussteigen und vergesse, dass es um 8 Uhr morgens schon 40 Grad in Dubai sind. Ich mache die Tür auf und eine Wand drängt sich in mein Auto. Tür wieder zu. Motor an. Klimaanlage auch. Ich brauche einen Plan.

Mir fällt nichts ein. Ich sitze. Das ist keine Lösung und auch kein Dauerzustand. Obwohl? Seit 30 Minuten funktioniert das.

Dann läuft ein Verrückter einfach draußen rum und an an meinem Auto vorbei. Ich schlage die Tür auf. Er denkt kurz, er wird entführt. Ich zeige meinen Hotelschnipsel. Er überlegt und sagt dann:

„Rechts, vier Ampeln, geradeaus, rechts, dann links, dritte rechts und dann muss ich überlegen... also dann links und vorher ne doch lieber rechts und dann sind sie schon da!“ (und das alles auf arabisch-englisch)

Das ist wohl die internationale Aussage von „es ist noch sehr weit weg“ und „verdammte scheiße, fahr in die Richtung und frag da jemand anderes“. Und genauso tue ich es. Ich fahre einfach los. Und komme in einen Fahrflow. Die großen Häuser streichen an mir vorbei und ich habe die Klimanlage auf 15 Grad gestellt – meine persönliche Rache für die Hitze draußen – ich kann auch, wenn ich will!

Ich kenne nahezu jede Straße des Stadtteils AlBarsha 1 und plötzlich bin ich in einer Straße, die ich noch nie gesehen habe und ein Hotelschild „Golden Tulip“ prangt zwei Meter hoch und aus einer Entfernung von rund acht Meter sichtbar über der Stadt.
Ich parke und gehe an die Rezeption. Vor vier Stunden bin ich am Flughafen angekommen und sage und schreibe 110 Kilometer habe ich schon hinter mich gebracht für eine Strecke von 24 Kilometer.

„Lengwenus – hat sie nicht!“ Ich bin immer noch im Flow und erkläre ihr, dass ich bestimmt bei den Gästen gestern dabei war, dass ich ja im Paket mit dem Flug gebucht wurde und weil dieser mitten in der Nacht ankam, schon einen Tag vorher gebucht wurde. Sie schaut auf die Uhr und wenn sie jetzt sagt, dass es nicht mehr „mitten in der Nacht“ ist, dann gibt’s hier mehr Unfallopfer als auf der Scheich Zayed-Road.

Aber sie sagt es nicht, sucht stattdessen weiter: „Aber, ich habe sie nicht“.
Ich warte geduldig und frage sie, was denn nun passieren würde. Sie überlegt kurz und sagt dann: „Naja, sie könnten ab 14 Uhr – ein Zimmer belegen und bis dahin noch ein bisschen in die Stadt fahren...“
Ich sehe mich um 14 Uhr in drei Tagen zurückkehren und versuche es nochmal freundlich. Ich zeige ihr meine Buchungsbestätigung, dann hat sie eine weltumfassende Idee: „Ah, vielleicht gestern!“
Ich schaue sie verdutzt an und frage mich in welchem „Flow“ sie eigentlich gerade zuhause ist.

Dann zieht sie aus einem Stapel meine Buchung: „Es war bei den Gästen, die gestern einchecken sollten, dass ich nicht gleich darauf gekommen bin...“ Ich lächle wirr.
Meine Kreditakrte funktioniert nicht und ich hinterlege die Schlüsselkaution mit meiner Notreserve US-Dollar, dann frage ich nach der Tiefgarage.
Sie zeigt mir den Weg: „Rechts, rechts und von hinten in die Garage“ sie lächelt. Sie ist ein böser Mensch.
Ich sitze im Auto und fahre in einer Einbahnstraße, die Straße, die sie mir zeigte, ist durch eine Baustelle gesperrt.
Nur der blanke Hass führt mich zur Tiefgarage und an den Empfang des Hotels. „Oh, das tut mir leid, dass habe ich gar nicht gewusst – 30 Minuten? Da sind sie aber einen kleinen Umweg gefahren!“.

Es ist Mittag. Ich nehme meine Sachen, gehe auf mein Zimmer. Die Codekarte passt nicht, ich muss lachen.

Irgendwann, als ich mal bis zum Bauch im Matsch einer Wanderung in Lappland stand, entstand unser Wanderspruch: „Jeder furchtbare Reisemoment, ist eine tolle Anekdote für später“.
Ich will keine Anekdoten. Ich will mein Zimmer. Eine Dusche. Schlaf. Vor allem: Ankommen.

Die Dame am Empfang hat aufgehört sich zu entschuldigen, lädt die Karte richtig und ich schleppe noch einmal alle meine Sachen in den vierten Stock. Dann bin ich im Zimmer.

Ich lasse alles stehen und liegen und falle auf mein Bett.

Und kann nicht einschlafen.

Aber ich bin in Dubai angekommen!
Gut, dass wenigstens die Verkehrsschilder
international sind.
Der Blick auf das höchste Gebäude der Welt, könnte ein Anhaltspunkt für
den Aufenthaltsort sein... Da der Turm aber immer irgendwie zu sehen ist,
nützt das gar nichts.
viele Ecken der Stadt und des Stadtteils AlBarsha 1 sind mir bekannt
Auf die Straße oben wollte ich... nun bin ich unten. dumm!
Ein Foto, das ich später schoss, das aber einiges erklärt...
Der rechts ist ein "Fahrer mit Hut"-Fahrer...
mal wieder der Turm. Diesmal von der anderen Seite
ich will auf die Gegenfahrbahn
Irgendwann in der Wüste, muss ich einsehen, dass ich komplett falsch bin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen