Freitag, 30. September 2011

Bildungsdose

wo Coca Cola draufsteht
Es ist auch irgendwie eine Bildungsreise.

Manche kleine Dinge machen heiter. Der Kauf einer Coladose sowieso. Aber diesmal traute ich meinen Augen kaum.

Da war doch was?

So sah mal eine echte Coladose aus.
Den Verschluss konnte man komplett entfernen und dann fallen lassen oder wegschießen (den vorderen Teil in die kleine Lücke an der Seite des hinteren Teils stecken und dann wegschnippen). Die Umweltbewussten haben den Verschluss einfach eklig in der Dose versenkt und ihn dann damit zusammen mit der Dose in den Müll geworfen.

Also angucken. Das ist ein Bildungsblog.

Für die unter Zehnjährigen: Das ist eine Getränkedose mit Cola drin (keine dürre Redbulldose)

Für die 10-25 Jährigen: Das ist der echte Verschluss

ist auch welche drin
 Für alle anderen: Nach Dubai reisen - Nostalgie spüren!

P.S. Ja, ich finde es auch ohne Frage richtig und wichtig, dass heutzutage Getränkedosen mit hohem Pfand belegt werden, weil sie eine echte Sauerei für die Umwelt darstellen und eigentlich komplett abgeschafft gehören...



man kann die Lasche abbrechen und den Ring wegschnipsen
indem man ihn mit einer Lücke in die Lasche steckt und
dann das Blech spannt...
nostalgische Colaöffnung

Alles ist groß. Riesengroß!

In Dubai ist alles groß. Natürlich steht hier das höchste Gebäude der Welt und das größte Einkaufszentrum sowieso. Der größte Wasser-Fun-Park steht in Toronto und das nervt, deshalb baut Dubai einen neuen. Ebenso wie den größten Freizeitpark der Welt, da ist aber gerade Baustopp wegen der Weltwirtschaftsprobleme (was mich dann auch irgendwie ein bisschen freut, weil es anscheinend doch auch hier Grenzen gibt). Warum alles so groß sein muss, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht so genau. Vermutlich, weil jeder Mensch Wünsche haben möchte und wenn die kleinen Wünsche, die wir so haben "ein Schokololly", „neues Auto“, „ne Waschmaschine“ oder eine „größere Wohnung“ per Fingerschnips erfüllt werden können,sind es keine richtigen Wünsche. Also muss was größeres her, für manchen Scheich eben einfach „das Größte“.

Also tauche ich ein in diesen Größenwahn und besuche das größte Einkaufszentrum der Welt.

Und ehrlich, das ist mal wirklich groß!
1200 Geschäfte, 14 000 Parkplätze (von der Anfahrt will ich gar nicht berichten). Das größte Aquarium der Welt befindet sich dort mit 30 000 Tieren, eine Eislaufbahn mit olympischen Maßen und das größte Gebäude der Welt der Burj Khalifa (lockere 830 Meter hoch) kann über die Mall besucht werden. Wasserfontänen mit 30 Meter Höhe begrüßen die Besucher und überhaupt habe ich mich verlaufen...

Es war schon ziemlich beeindruckend und deshalb habe ich mir man auch gleich vier Postkarten gekauft.

Das hätte ich natürlich auch am Dehnhaide-Bahnhofs-Kiosk erledigen können, der wäre aber nicht so groß gewesen.



viel Platz zum Shoppen
riesige Wasserfälle drinnen
Und Eisenbahnen
und diverse Stockwerke
Und irgendwie, irgendwas auch auf Facebook
herrlisch dekoriert
Rolltreppenkonstruktion in Perfektion
830 Meter
und 40-50 Grad draußen (habe ich so für 20 Sekunden ausgehalten)
Abends spielen hier alle 30 Minuten riesige Wasserorgeln
Das größte Aquarium der Welt
Und irgendwie ist da auch ein Auto drin
und weil es so groß ist, lässt man sich fahren
und das ist mal ne gute Idee!
As salam alaikum Dubai! Hallo Asien!

Nur eine kleine Stippvisite in Asien. Ich mache einen sechstätigen Stopover in Dubai. Noch am Abend vor dem Abflug wurde ich plötzlich unruhig. Eigentlich sollte Dubai meine erste Station ohne Mietwagen werden, aber im Internet steht: Ein Mietwagen ist in Dubai-Pflicht. An anderer Stelle lese ich: beim ersten Mal kommt man gut ohne Mietwagen aus, aber dann...
Ich entschließe mich, kein „erstes-Mal-Urlauber“ zu sein. Wenn ich schon im Wüstenemirat halt mache, dann will ich alles. Das habe ich nun davon.

Es ist fünf Uhr morgens Dubai-Zeit und ich stehe am Flughafen. Völlig übermüdet, weil ich natürlich beim neunstündigen Flug kein Auge zu bekommen habe und es nach Kapstadt-Zeit auch erst 3 Uhr ist. Und nun soll ich mit einem Mietwagen mein Hotel finden, dessen Adresse ich nicht richtig kenne? Na sauber!

Es ist ein Automatikwagen, es ist Rechtsverkehr nach zwei Monaten Linksverkehr und ich bin immer noch müde und kenne mein Ziel nicht ausreichend.

Aber all das ist nichts, gegen den Dubaier-Autofahrer ansich. Ich bin in Paris gefahren, habe Italien durchquert und in Lusaka die Rushhour mitgenommen – alle fahren rasant oder sportlich, aber was ich in Dubai erlebt habe, ist unbeschreiblich.
Mein Reiseführer riet "so defensiv wie möglich" zu fahren und für die anderen mitzudenken, weil sonst Unfälle vorprogrammiert seien. Nie hatte eine Reiseführer derart Recht.
Zum einen fahren einige Autos 50 auf der Autobahn und gehören zu der Kategorie „Fahrer mit Hut“ (sprich mit Turban). Sie fahren mittig – also nicht in der mittleren von drei Spuren, sondern in der Mitte von zwei Spuren. Andere, die ich „Unfallopferfahrer“ nenne, fahren 160 kmh und wechseln die Spuren ohne zu blinken von ganz rechts nach links oder auch andersrum. In den meisten Fällen reicht ihnen die halbe Spur, die die „Fahrer mit Hut“-Fahrer ihnen übrig lassen.

Die Scheich Zayed-Road ist die gefährlichste Straße des Emirats und jährlich kommt es zu diversen Todesfällen. (sogar das auswaertige Amt warnt: "Im internationalen Vergleich und Durchschnitt liegen die Emirate, was die Zahl der Verkehrsunfälle mit Todesfolge angeht, sehr weit oben. Daher bitte sehr zurückhaltend und vorsichtig fahren")

Und zufälliger Weise ist dies die einzige Straße, die annähernd in die Nähe meines Hotels führte.

Ich also ímmer schön defensiv, aber nicht so defensiv wie „Fahrer mit Hut“ und überhaupt: „alles lasse ich mit mir auch nicht machen... In Hamburg wird auch Auto gefahren und wie ne Hupe geht, weiß ich auch“
Also immer an der Grenze zum Unfallopfer Richtung Hotel. Wenigstens die Sonne geht langsam auf und ich nähere mich nach 60 Minuten im Zick-Zack-Stil meinem avisierten Stadtteil.

Ich verfluche mich für den Mietwagen, weil ein Taxi mich sicherlich schon sicher (wie sicher es auch geht) am Hotel abgesetzt hätte.

Dann lese ich AlBarsha was der Hauptteil meiner Hoteladresse ist und will abfahren. Dubai besteht eigentlich nur aus Autobahnen und in dem Moment wo du dein Ziel erspähst oder ein Hinweisschild erblickst, ist es eigentlich schon zu spät. Es sei denn, du kannst drei Spuren in 2 Sekunden queren wie ein „Unfallopferfahrer“ und hast zwei „Fahrer mit Hut“-Fahrer in der Nähe, die dir ne halbe Spur abgeben oder zumindest einen defensiven europäischen Touristen.

Wenden geht nie und die Idee einfach die nächste Ausfahrt rauszufahren und auf der anderen Seite wieder rein, führte mich an diesem Tag immer weiter Richtung Abu Dhabi. Denn immer wenn man die Autobahn verlässt, ist man auf einer anderen auf der man auch nicht rausfahren kann.

Nach einer weiteren Stunde (Zwischenstand: 2 Stunden) habe ich die lokalen Straßen von AlBarsha erreicht, aber noch lange nicht mein Hotel mit der Adresse „AlBarsha 1“ Viel zu spät stelle ich fest, dass „AlBarsha 1“ ein ganzer Stadtteil ist – etwa in der Größe von Barmbek Nord und das Hotel so bekannt wie das Hotel Trugensack in Barmbek (kennt ihr nicht? gibt’s auch nicht!)

Nach 3 Stunden – es ist mittlerweile rund 8 Uhr, bin ich am Ende meiner Kraft.
In Kapstadt war es schön, da war es übersichtlich, da war Linksverkehr und außerdem war es da verdammt nochmal erst 5 Uhr morgens und ich läge noch im Bett.
Ich fahre an den Straßenrand und mache einen Fehler. Ich will aussteigen und vergesse, dass es um 8 Uhr morgens schon 40 Grad in Dubai sind. Ich mache die Tür auf und eine Wand drängt sich in mein Auto. Tür wieder zu. Motor an. Klimaanlage auch. Ich brauche einen Plan.

Mir fällt nichts ein. Ich sitze. Das ist keine Lösung und auch kein Dauerzustand. Obwohl? Seit 30 Minuten funktioniert das.

Dann läuft ein Verrückter einfach draußen rum und an an meinem Auto vorbei. Ich schlage die Tür auf. Er denkt kurz, er wird entführt. Ich zeige meinen Hotelschnipsel. Er überlegt und sagt dann:

„Rechts, vier Ampeln, geradeaus, rechts, dann links, dritte rechts und dann muss ich überlegen... also dann links und vorher ne doch lieber rechts und dann sind sie schon da!“ (und das alles auf arabisch-englisch)

Das ist wohl die internationale Aussage von „es ist noch sehr weit weg“ und „verdammte scheiße, fahr in die Richtung und frag da jemand anderes“. Und genauso tue ich es. Ich fahre einfach los. Und komme in einen Fahrflow. Die großen Häuser streichen an mir vorbei und ich habe die Klimanlage auf 15 Grad gestellt – meine persönliche Rache für die Hitze draußen – ich kann auch, wenn ich will!

Ich kenne nahezu jede Straße des Stadtteils AlBarsha 1 und plötzlich bin ich in einer Straße, die ich noch nie gesehen habe und ein Hotelschild „Golden Tulip“ prangt zwei Meter hoch und aus einer Entfernung von rund acht Meter sichtbar über der Stadt.
Ich parke und gehe an die Rezeption. Vor vier Stunden bin ich am Flughafen angekommen und sage und schreibe 110 Kilometer habe ich schon hinter mich gebracht für eine Strecke von 24 Kilometer.

„Lengwenus – hat sie nicht!“ Ich bin immer noch im Flow und erkläre ihr, dass ich bestimmt bei den Gästen gestern dabei war, dass ich ja im Paket mit dem Flug gebucht wurde und weil dieser mitten in der Nacht ankam, schon einen Tag vorher gebucht wurde. Sie schaut auf die Uhr und wenn sie jetzt sagt, dass es nicht mehr „mitten in der Nacht“ ist, dann gibt’s hier mehr Unfallopfer als auf der Scheich Zayed-Road.

Aber sie sagt es nicht, sucht stattdessen weiter: „Aber, ich habe sie nicht“.
Ich warte geduldig und frage sie, was denn nun passieren würde. Sie überlegt kurz und sagt dann: „Naja, sie könnten ab 14 Uhr – ein Zimmer belegen und bis dahin noch ein bisschen in die Stadt fahren...“
Ich sehe mich um 14 Uhr in drei Tagen zurückkehren und versuche es nochmal freundlich. Ich zeige ihr meine Buchungsbestätigung, dann hat sie eine weltumfassende Idee: „Ah, vielleicht gestern!“
Ich schaue sie verdutzt an und frage mich in welchem „Flow“ sie eigentlich gerade zuhause ist.

Dann zieht sie aus einem Stapel meine Buchung: „Es war bei den Gästen, die gestern einchecken sollten, dass ich nicht gleich darauf gekommen bin...“ Ich lächle wirr.
Meine Kreditakrte funktioniert nicht und ich hinterlege die Schlüsselkaution mit meiner Notreserve US-Dollar, dann frage ich nach der Tiefgarage.
Sie zeigt mir den Weg: „Rechts, rechts und von hinten in die Garage“ sie lächelt. Sie ist ein böser Mensch.
Ich sitze im Auto und fahre in einer Einbahnstraße, die Straße, die sie mir zeigte, ist durch eine Baustelle gesperrt.
Nur der blanke Hass führt mich zur Tiefgarage und an den Empfang des Hotels. „Oh, das tut mir leid, dass habe ich gar nicht gewusst – 30 Minuten? Da sind sie aber einen kleinen Umweg gefahren!“.

Es ist Mittag. Ich nehme meine Sachen, gehe auf mein Zimmer. Die Codekarte passt nicht, ich muss lachen.

Irgendwann, als ich mal bis zum Bauch im Matsch einer Wanderung in Lappland stand, entstand unser Wanderspruch: „Jeder furchtbare Reisemoment, ist eine tolle Anekdote für später“.
Ich will keine Anekdoten. Ich will mein Zimmer. Eine Dusche. Schlaf. Vor allem: Ankommen.

Die Dame am Empfang hat aufgehört sich zu entschuldigen, lädt die Karte richtig und ich schleppe noch einmal alle meine Sachen in den vierten Stock. Dann bin ich im Zimmer.

Ich lasse alles stehen und liegen und falle auf mein Bett.

Und kann nicht einschlafen.

Aber ich bin in Dubai angekommen!
Gut, dass wenigstens die Verkehrsschilder
international sind.
Der Blick auf das höchste Gebäude der Welt, könnte ein Anhaltspunkt für
den Aufenthaltsort sein... Da der Turm aber immer irgendwie zu sehen ist,
nützt das gar nichts.
viele Ecken der Stadt und des Stadtteils AlBarsha 1 sind mir bekannt
Auf die Straße oben wollte ich... nun bin ich unten. dumm!
Ein Foto, das ich später schoss, das aber einiges erklärt...
Der rechts ist ein "Fahrer mit Hut"-Fahrer...
mal wieder der Turm. Diesmal von der anderen Seite
ich will auf die Gegenfahrbahn
Irgendwann in der Wüste, muss ich einsehen, dass ich komplett falsch bin

Ein Naturphänomen?

Ich schaue raus. Irgendwas ist anders. Was ist das? Silberne Kringeln ziehen sich auf dem Pflaster vor meinem Fenster, das gar zauberhaft glänzt. Ein Naturphänomen? Fast.
Es regnet. Nach über zwei Monaten der erste Regen. 30 Minuten. Genug Zeit um Heimweh zu bekommen (Ich weiß nämlich auch wo diesen Sommer der ganze Regen war...)
Danke Kapstadt!
Dann scheint die Sonne wieder für weitere zwei Monate...

Und mit diesem Eindruck verlasse ich den afrikanischen Kontinent.

Regen in Kapstadt, Zimmer mit Pool, das (wie ich später feststellen werde)
halb so viel kostet, wie anderswo die Campingplätze

Tschüss Afrika!

Montag, 26. September 2011

Mandela

 Ich weiß nicht ob sich die Fahrt auf die Gefängnisinsel Robben Island gelohnt hat. Es gab alles zu sehen, aber brauchte ich das?

Hier auf Robben Island hat Nelson Mandela 18 Jahre seines Lebens verbracht und damit knapp mehr als die Hälfte seiner Zeit in politischer Gefangenschaft. Man zeigt uns das Gelände und sogar seine Zelle. Ich bin nun keinen Wimpernschlag näher an der Vorstellung wie so etwas möglich ist: Nach 30 Jahren Gefängnis ungebrochen herauszukommen, Staatschef zu werden und zu dann das Verzeihen zu propagieren und – noch unfassbarer – selbst so umfassend zu verzeihen.

Ist nicht in uns allen der Wunsch nach Rache? Wie schwer es einem fällt, ganz kleine Dinge zu verzeihen? Ein unaufrichtiger Freund? Ein übles Wort?

Es dem anderen „mal so richtig zu zeigen“, also dann wenn man selbst „zu sagen“ hat? Man trifft sich immer zweimal im Leben?

Und dieser Mann sitzt 30 Jahre im Gefängnis und verzeiht. Kein böses Wort, ein Vorleber der Verzeihung.
 Nur Dank Mandela steht dieses Land da wo es steht.

Im letzten Jahr beim Finale der Fußball-WM in Johannesburg sah ich ihn live. Er rollte in einem kleinen Elektroauto auf den Rasen. 80 000 Menschen waren still, gefangen von seinem Charisma. Ich hatte Gänsehaut und war ergriffen.Der Moment war so besonders, dass ich ihn nie vergessen werde. Das anschließenden Fußballspiel war fast unwichtig geworden.

Und eines unserer liebsten Zitate ist seitdem das Genörgel eines Deutschen Fans nach dem Spiel für das ich mich immer noch und immerzu fremdschäme:

„Das war nix. Also ehrlich, wenn man dagegen die deutsche Abschlussfeier sah. Also ehrlich, muss Waka Waka von Shakira gesungen werden? Kann man da nicht einen Weltstar hinstellen? Bei uns war ja auch Herbert Grönemeyer. Und der Mandela - lässt sich mit einem Auto reinfahren. Hätte ja auch ruhig mal ein paar Sätze sagen können...“

Für diese Menschen wäre der Gang nach Robben Island sicherlich ein wichtiger, ein unschätzbarer Weg gewesen.

Aber ich weiß nicht, ob ich das brauchte. Für mich war der Blick durch die Stäbe auf seine Zelle kein Zugewinn an Wertschätzung. Fotos macht man, um sich zu erinnern. Die Fotos sind wertlos, denn wie sollte ich diesen Mann jemals vergessen. Egal wie die Zelle aussah, 30 Jahre politische Gefangenschaft bleiben unvorstellbar.

Der bloße Gedanke an ihn, an Nelson Mahiba Mandela macht mich demütig und die Wertschätzung ist unermesslich.

Vergeben und Verzeihen. Wie kann man nur so stark sein?

Ich empfehle den Film: Invictus und eine der existierenden Biografien.

Die Zelle 46664


Hundezwinger
Robben Island - Haftanstalt für politische Häftlinge
Ein Weinstock als Sysmbol des Kampfes

Südafrika - die neue Regenbogen-Nation

Es ist vollbracht! Big Six in Afrika!

Vielleicht sollte dies ein kleines Lehrstück werden niemals aufzugeben, aber dafür ist der Gegenstand vermutlich doch nicht relevant genug. Aber was heißt nicht relevant? Nach fast vier Jahrzehnten ist es mir nach diversen Anläufen gelungen (siehe Text Hermanus) das größte Lebewesen der Welt zu erblicken:

Ich habe einen Wal gesehen!

Und nicht nur einen. Ich konnte sie nicht nur sehen – ganz genau aus wenigen Metern Entfernung, sondern sie drehten sich und tauchten und waren einfach da. Das größte Lebewesen der Welt gab sich die Ehre und ich war dabei. Dafür musste ich einen zweiten Anlauf nehmen und nach Hermanus fahren, 60 Euro für eine dreistündige Schiffstour auf den Tisch legen und hoffen - mal wieder.

Es ist vollbracht! Und schon nach knapp 2 Monaten Weltreise habe ich die sog. Afrikanische „Big Six“ erfüllt und die Big Five (Elefant, Büffel, Löwe, Leopard und Nashorn) gesehen und dazu noch den Wal.

Was für ein großartiger Moment. Dafür war mir nach drei intensiven Stunden Schifffahrt auch wieder speiübel – aber das war mir sowas von egal!









Sprachlos und ratlos in den Townships.

Manches macht sprachlos, da Schweigen aber besser ist als nichts zu wissen, nahm ich mir die Zeit für Sprachlosigkeit und eine geführte Township-Tour in Kombination mit der Besichtigung des District Six-Museums. Bis dahin wusste ich über den District Six eigentlich gar nichts. Bei meiner Reise im letzten Jahr nach Johannesburg hatte ich schon Soweto besucht und war ein bisschen vorbereitet. Das sollte an meiner Sprachlosigkeit nichts ändern.

60 000 Schwarze und Coloureds wurde durch einen Erlass von 1966 während der Apartheid aus dem District 6 vertrieben. Der ganze Stadtteil wurde geräumt und sämtliche Häuser abgerissen.
Die Bewohner wurden nach Färbungen ihrer Hautfarbe in verschiedene Townships untergebracht, die auf der Sandebene östlich Kapstadts neu entstanden.

Bis heute existieren diese unterschiedlichen Townships (Für Farbige, für Schwarze) und der District 6 ist noch immer nicht richtig besiedelt. 2004 übergab Nelson Mandela die ersten Schlüssel für District 6-Rückkehrer.Es soll nach und nach ein neuer Stadtteil entstehen, doch bislang liegt der District 6 noch immer ziemlich brach.

Mich macht es hier wie einst in Deutschland und eigentlich überall auf der Welt sprachlos, was Menschen sich so ausdenken. 60 000 Menschen aus ihren Häusern vertreiben? Wer sich weigert wird erschossen? Die Häuser abreißen? Nach Hautfarben in Holzbaracken zwängen? Wer ordnet sowas an? Wer setzt sowas durch? Wer fühlt sich dabei schlecht? Wer fühlt sich gar nicht? Wer macht mit, weil er schwach ist oder nicht anders kann? 
Der District 6
Es steht mir natürlich nicht zu zu richten, weil Zivilcourage und Protest aus der historischen Entfernung immer einfach zu beschreiben sind. Dennoch stehe ich fassungslos im District 6 Museum in der Buitenkant Street 25 und weiß nicht ob ich den Rest der Tour noch erleben will.

Wir fahren durch drei riesige Township insgesamt 1 Millionen Menschen leben hier (die gesamte Einwohnerzahl in Kapstadts Townships wird auf rund 2 Mio geschätzt). Natürlich gehen wir durch die „sicheren“ Stellen wie unser eigener Guide (für jedes Township einer) erklärt. Und es ist alles ganz "wunderbar“:

Überfall! Scherz oder Training?
Glückliche Menschen laden uns in ihre Bretterbuden, wir dürfen von selbstgebrautem Bier probieren, spielende Kinder jagen durch die Straßen und sogar das erste Township Bed and Breakfast steht hier (dem Gast wird für die Unterkunftszeit ein persönlicher Township-Guide zugeteilt). Die Regierung hat Trinkwasser und Strom in die Townships gelegt. Zeiten in denen 20 Menschen auf 6 Quadratmetern wohnten sind vorbei. Sagt man.

Alltagsglück und Normalität werden präsentiert oder ist es wirklich so?

Mir gefällt diese Darstellung nicht. Ich komme mir ein bisschen wie in einem Theater vor, dass alles schönfärbt. Die Darsteller allerdings sind echt und spielen anscheinend nichts vor.

Was hatte ich erwartet? Jagdszenen? Heulende Menschen? Tot, Gestank, Gewalt?

Und dennoch mir graust vor alle dem. Dieser Dreck, dieses Elend – all die Menschen, die so anders leben als man selbst.
Doch das ist meine Wertung. Es bleibt, wie schon einmal an dieser Stelle beschrieben, schwierig. Schwierig die Situation zu beurteilen ohne eigene Wohlfühlmaßstäbe anzusetzen. Was denkt wohl ein Scheich aus Dubai, wenn er in meine Wohnung in Barmbek tritt?
Natürlich würde ich keinen Hammelkopf vom Straßenmarkt kaufen. Nicht in Bretterbuden leben wollen und Bier aus einem Plastikfass selbstgebraut aus einem Plastikeimer trinken.

Spielefortbildung für mich

so schnippst man in Afrika
 Millionen 
Die eigene Brauerei im Towewnship
Townshipbewohnern? Und was muss Aber nicht einziger Mensch, den ich traf, jammerte oder sah unglücklich aus. Muss man deshalb die Townships erhalten? Oder gar alles abreißen wie einst den District 6 und was neues, schöneres bauen? Müssen alle Bewohner neue Häuser erhalten oder wollen alle zusammenbleiben? Wer will das überhaupt? Muss man die Menschen nach und nach in das Centrum Kapstadts integrieren und dort Wohnraum zur Verfügung stellen. In den Stadtteilen in denen auch heute noch die Weißen zuhause sind? An den Stränden von Milnerton oder Tableview? Und wie soll das funktionieren bei rund zwei man für ein neues Haus tun? Oder bekommt man ihn geschenkt – "nur weil man Schwarz ist"?
Muss man Weißen den Wohnraum nehmen, den sie sich einst illegal beschafften oder macht man sich dem gleichen Verbrechen wie damals schuldig, da man wie immer von „den“ Weißen spricht?

Es bleibt ein Südafrika-Bild, das den vernebelten Kopf zwischen Pinguinen, Fußball-WM und Waterfront aufklart. Das aber wichtig ist, wenn man hier reist. Denn die Apartheit ist keine 20 Jahre vergangen und wenn wir mal vor der eigenen Haustür schauen, welche Probleme Deutschland bis heute mit der dagegen lächerlichen Aufgabe der Vereinigung beider deutschen Teile hat, kann man vielleicht Erahnen vor welchen gigantischen Problemen Südafrika steht.
Ein politisch überaus kompliziertes Land, das noch ganz lange nicht am Ende seines Weges ist. Oder wie Deon Meyer ist seinem grandiosen Krimi "Das Herz des Jägers" schrieb:

"Oh Botswana, warum konnte mein eigenes Land nicht so sorglos sein, so arm an Problemen? Warum konnten die Gesichter der Menschen nicht so entspannt bleiben, so freundlich, so friedlich? Was war der Unterschied? Doch nicht die künstlich durch die Savanne gezogenen Linien, die sagten, das eine Land endet hier, das andere beginnt dort. Hier in Botswana war weniger Blut geflossen, so viel stand fest. Die Geschichte war viel einfacher verlaufen. Aber warum? Vielleicht ahtten sie weniger Gründe, Blut zu vergießen. Weniger atemberaubende Ausblicke, weniger fruchtbare Weiden, weniger Hitzköpfe, weniger wertvolle Mineralien. Vielleicht bestand darin der Fluch Südafrikas, es war das Land, in dem Gott die Hand ausgerutscht war, er hatte es mit allem bedacht - grüne Berge und Täler, weite Wiesen, so weit das Auge sehen konnte, wertvollen Metallen, teuren Edelsteinen, Mineralien. Dann sah er es sich an und dachte: Ich lasse es so, es ist eine Probe, eine Versuchung; ich werde hier Menschen mit großem Hunger ansiedeln, ich werde sie aus ganz Afrika und dem weißen Norden kommen lassen, und dann werde ich ja sehen, was sie mit diesem Paradies anstellen."



Das erste Bed and Breakfast in einem Township