Sonntag, 25. März 2012

Ich, der Rucksacktourist

So fühlt sich das also an. Ich schultere meinen Rucksack und ziehe los. Mein Ziel: Der ZOB oder wie es hier heißt: Rodoviaria. Und von dort? Irgendwohin!
Es gibt eine schöne Auswahl von Barockstädten zwischen Rio und Belo Horizonte (da dachte ich ja, ich müsste dort fünf Tage später mein Auto abholen).
Ich verabschiede mich an der Rezeption, die meinem Weg auf die Straße nicht die gleiche spektakuläre Aufmerksamkeit schenkt, wie ich sie mir gewünscht hätte. Ich gehe einige Schritte und es ist ziemlich heiß heute in Rio. Über 30 Grad bestimmt.
Der Rucksack auf dem Rücken ist kein Problem, obgleich er bestimmt rund 30 Kilo wiegt. Aber vor mir trage ich meinen Rucksack mit „dem Rest“. Der ist auch schwer und zudem trage ich dort – schön gesammelt, sämtliche Wertgegenstände durch die Seitenstraßen Rios, die ich sonst im Laufschritt durchquerte. Netbook, Pässe, Geldreserven, Kreditakarten, Fotoapparat.

Eines ist klar: Wer mich so abfängt, hat ausgedient.

 Ich erreiche unbeschadet die erste Hauptstraße. Hier soll irgendwo der Bus zum Rodoviaria fahren. Von hinten sehe ich noch einen Bus, vermutlich meiner. Ich stelle mich an die Straße, denn Bushaltestellen gibt’s hier nicht. Ich schnalle ab und während ich abschnalle, rauscht ein Bus vorbei. Ich hatte mich geirrt. Der von Hinten, war nicht meiner – dieser war meiner.
Ich werde dieses System nie verstehen. Wenn in einer Touristenstadt ein ganz offensichtlich nach Tourist aussehender Mensch an einer Bushaltestelle oder etwas danach aussehenden steht, mit Gepäck – mit viel Gepäck. Dann kann ich doch einfach mal anhalten. Was sollte der Mensch dort an dieser Stelle wohl sonst wollen?

In Finnland sind uns am Flughafen Helsinki mal drei Busse im Abstand von jeweils 20 Minuten weggefahren. Immer wenn wir unser Gepäck ergriffen, als er kam, gab er Gas. Bis wir kapierten, dass wir ein Handzeichen machen mussten, verging also ne Stunde. Auch eine schöne Begrüßung in einem fremden Land.

Ich kann mich also nicht beschweren, ich kenne das Spiel und so sitze ich genüsslich am Straßenrand. Beäugt von vielerlei Menschen. Die Sonne brennt gnadenlos und ich schwitze. Bald könnte doch mal einer kommen. Da kommt einer. Nee, das ist ein Reisebus. Verdammt. 40 Minuten sind vergangen und Rucksacktourist macht mir schon jetzt keinen Spaß mehr. Von weitem sehe ich einen. Langsam biegt er in meine Straße ein. Ich schultere mein Gepäck. Jaaa, es ist meiner. Ich winke. Er kommt näher und fährt vorbei. Ich bin sprachlos. „Wie ein Ertrinkender“ muss man den Bussen winken, hatte mir vor zwei Tagen ein Schwede im Hotel erklärt. Verpasst. Ich bin ertrunken.

Und genervt. Der Schweiß fließt in Strömen.Ich stelle mir vor, er hätte gehalten. Knapp einen Dollar hätte es nur gekostet in 40 Minuten beim Busbahnhof zu sein. Mein Gepäck hätte ich mal wieder durch die Fahrgastmassen über die Absperrung im Bus hieven müssen. Halb quer hätte ich dann zwischen meinen Rucksäcken stehen können.

Ich winke. Ein Taxi hält. Es kostet rund Fünf Dollar und braucht zehn Minuten. Ich komme gerade rechtzeitig um den klimatisierten Bus nach Petropolis zu erreichen. Der nächste wäre drei Stunden später gefahren. Vier Dollar Mehrausgabe für drei Stunden. Eine gute Investition. Eine echte Weltreise geht nur als sparsamer Rucksacktourist?

Ich war 67 Minuten Rucksacktourist.





Bilder aus der sehenserten  Barockstadt Petropolis


An manchen Ecken denkt man, man sei in Wien!

http://de.wikipedia.org/wiki/Petr%C3%B3polis




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen