Samstag, 25. Februar 2012

Für eine Handvoll Plastikkeile

Den ganzen Tag bestieg ich Inka-Ruinen. Bei allem Respekt für die Hochkultur. Nun habe ich keine Lust mehr. Es ist dunkel. Ich habe Hunger. Ich will nach Hause oder zumindest in mein Hotel. Aber der Bus ruckelt durch die Landschaft.Chinchero steht als letzte Tagesstation an. Einer der berühmtesten Märkte findet hier jeden Sonntag statt. „Ist mir egal“, denke ich wie ein bockiges Kind und steige nur widerwillig aus. Mit einer Taschenlampe bewaffnet führt uns unser Guide durch die engen Gassen. Wir schlurfen hinterher. Natürlich wollen wieder Straßenhändler ihre Waren andrehen und selbst Kinder preisen Selbstgebasteltes an. „Einfach nur unserem Guide hinterher“, denke ich. Er kraxelt das Kopfsteinpflaster hoch. Hier da grüßt er Bekannte und verscheucht ein paar spielende Kinder.

Spielende Kinder? Plötzlich bin ich hellwach. „Geht schon mal vor – ich komme gleich nach!“, höre ich mich meinen Mitstreitern zurufen. Glatt gelogen. Ich bleib nämlich hier.
Ich knie mich nieder in die Gruppe der Kinder. Sie sind erstaunt. So erstaunt, dass sie die nächsten 30 Minuten vergessen mir ihre Sachen anzudrehen. Ich versuche ihr Spiel zu verstehen. Kleine Plastikkeile werden auf den Handrücken gelegt. Parallel dazu wird ein Flummi geworfen. Immer wieder versucht man gleichfarbige Keile hochzuwerfen, aufzusammeln und den Flummi mit der anderen Hand zu umkreisen, während er hüpft. So kompliziert wie sich das anhört, ist es auch. Ich lass es mir noch einmal erklären. So gut es geht, denn unsere einzige gemeinsame Sprache ist das Spiel. Eine Weltsprache.

Dann probiere ich es selbst aus und mach mich zum Obst. Obgleich ich dachte, ich könne wenigstens ein paar der Plastikteile einsammeln, während der Flummi hüpft, fällt am Ende alles runter und der Flummi springt weg. Ich scheine kein Talent im „bunte Keile und Flummi-Werfen“ zu haben – aber es ist ja auch schon ganz schön dunkel.

Der Kreis der Kinder wird immer größer und unser Lachen schallt durch Chinchero. Dann habe ich eine Idee. Ich versuche zu fragen, ob man das Spiel irgendwo kaufen kann? Sie überlegen lange und dann plötzlich kommt ihr Geschäftssinn wieder zu Tage. Schelmisch deuten sie mir, dass ich ja ihr Spiel kaufen könne. Ich willige ein, sie müssen mir aber einen guten Preis machen, wo ich doch ein guter Spielpartner war, versuche ich auszudrücken.

Die Kindergruppe stellt sich abseits und diskutiert gemeinsam welchen Preis sie dem Gringo denn abnehmen könnten. Wortfetzen dringen herüber und ich freue mich. Ein aufgeweckter Kerl scheint einen unverschämten Vorschlag zu machen, denn alle sind empört. Es wird weiter verhandelt, bis das Mädchen, dem das Spiel offensichtlich gehört, zu mir kommt. Umringt von der Kinderschar schämt sie sich und ist gleichermaßen stolz auf ihren Mut mir gleich einen Batzen Geld abzuknöpfen. Sie deutet mit Blicken an: Billig wird das nicht!“ Und die Kinderschar steht hinter ihr. Bis zum Äußersten gespannt, ob ich auf diesen Preis eingehen würde.

Ich lächle, ich liebe diesen Moment – auch dies ist ein Spiel. Dann schießt sie heraus: „Einen Dollar!“ Die Kinder feixen. Ich wäge meinen Kopf und schaue verzweifelt. Aber sie sind nicht zu erweichen. Ich schlage ein und erhalte aus der kleinen Hand die Plastikkeile und den Flummi. Ein lautes Jubelgebrüll wird angestimmt. Ich möchte einstimmen. So sehen Sieger aus!

Wir spielen alle gemeinsam mit meinen Keilen noch ein paar Partien bis mich meine Reisegruppe wieder aufsammelt. Sie haben eine weitere Inka-Ruine gesehen - und ich das Glück.
Zufrieden fahre ich zurück in mein Hotel. Essen brauche ich heute Abend nicht mehr. Ich habe anderes zu tun.

Mitspieler entdeckt

so gehts

Flummis und Plastikteile

Bei Interesse am Thema "Spiel" der Link zu einem älteren Blog-Eintrag

Nach meiner Rückkehr kann man das Keil-Spiel zusammen mit vielen anderen neuen Spielideen aus aller Welt kennenlernen, da ich für die Hamburger Sportjugend das alljährliche Spieleseminar unter das Motto "Spielend um die Welt" gestellt habe. Wer Interesse hat, hier folgt der Ausschreibungstext:

Spielend um die Welt

Fast ein ganzes Jahr ist Björn Lengwenus um die Welt gereist und hat festgestellt, was er schon vorher wusste: Überall auf der Welt wird gespielt. Mit vielen alten und neuen Spielideen im Gepäck erreicht er Deutschland gerrade rechtzeitig, um all dies auf dem alljährlichen Spieleseminar in Schönhagen an der Ostsee vorzustellen In einem Waisenhaus in Sambia erlebte er wunderbare Sing- und halsbrecherische Tanzspiele, in den Townships von Kapstadt ließ er sich die afrikanische Art des „Murmelschnipsens“ erklären. Er lernte weitere neue Spiele in Kanada, den USA und Südamerika kennen. Aber auch an ganz bekannten Spielen durfte er teilhaben. Das Lieblingsspiel der Schiff-Crews von den Galapagos-Inseln ist nämlich Fußball. Einmal pro Tour treffen sie sich gleichzeitig vor der Bucht von Floreana um dort auf einem improvisierten Fußballplatz den Schiffsmeister auszuspielen – allerdings barfuß. Alles ist also möglich an diesem Wochenende an dem wir spielend die Welt bereisen werden und neue Spiele und alte Klassiker gleichermaßen genießen können. Am Samstag-Abend wird ein Las Vegas-Abend stattfinden an dem man die Zockerwelt des Gambler-Paradieses jugendfrei und ohne finanzielles Risiko nacherleben kann.

 
Termin: 31. Aug. – 2. Sept. 2012
in Schönhagen an der Ostsee
Anmeldung an die Hamburger Sportjugend
http://www.hamburger-sportjugend.de/index.php






 


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