Freitag, 10. Februar 2012

Bomben? Deutsche Wurst? Waffen?

Galapagos liegt hinter mir. Ich werde das Land wechseln. Mal wieder. Nun von Ecuador nach Peru. Das ist mittlerweile so, wie in Hamburg den Stadtteil. Obwohl? Eigentlich doch nicht. Wenn ich von Barmbek nach Winterhude fahre, hält mich niemand mit großem Revolver am Hosenbund an und fragt mich: „Haben Sie eine Deutsche Wurst dabei?“ So geschehen bei meinem Grenzübertritt von Kanada in die USA. Rund 30 Minuten dauerte das Procedere, das sich nahtlos in meine formidablen Grenzübertritte einreihte (siehe auch: Tschüss Namibia  und Grenzformalitäten die Zweite)

Grenzer: Guten Tag
Ich (fröhlich): Hallo
Grenzer: Warum wollen Sie in die USA einreisen?
Ich: Urlaub
Grenzer: Was machen Sie beruflich?
Ich: Lehrer
Grenzer: Sind denn Ferien?
Ich (plötzlich wachsam): Äh ja (Notlüge, aber irgendwie dachte ich, dass es das ganze einfacher machen würde – falsch!)
Grenzer (blättert triumphierend im Reisepass): Ganz schön lange Ferien… (zeigt auf die vielen Stempel)
Ich (unwohl): ja äh, ich habe ein Jahr äh Ferien, Sabbatjahr äh so was wie Urlaub.
Grenzer (sieht in mir eine große Gefahr auf sein Land zukommen): Und woher haben Sie das Geld für einen so langen Urlaub?
Ich (denke: Das geht dich einen Scheißdreck an und sage allerdings): Ja, ich habe hart gespart und man bekommt in Deutschland während seines Sabbatjahres bezahlt.
Grenzer (mit der Stimme eines Filmfans von Inglourious Basterds): Deutschland?
Ich (schäme mich jetzt gerade ein bisschen): Ja.
Grenzer: Bomben dabei?
Ich (verstört): Bitte?
Grenzer: Waffen? Bomben? Sprengstoff?
Ich (denke: hätte ich was dabei, würde ich es jetzt genau in diesem Moment einsetzen, aber sage): Nein!
Grenzer: Deutsche Wurst?
Ich (denke: Ne klar, Bomben, Sprengstoff und Züricher Geschnetzeltes und sage): Nein!
Grenzer: Keine Deutsche Wurst
Ich (denke: Fick Dich ins Knie und sage): Nein, keine Deutsche Wurst (und lächelnd) aber schade, ich mag Deutsche Wurst. Gab in Kanada aber keine.
Grenzer (lächelt nicht zurück): Alle Deutschen haben Wurst dabei.
Ich (einen Tick lauter): Ich habe aber keine deutsche Wurst dabei, weil ich wie sie eben gesehen haben, seit 3,5 Monaten nicht mehr in Deutschland war.
Grenzer (glaubt mir nicht): Darf ich den Rucksack sehen.
Menschen hinter mir werden unruhig
Ich: Natürlich
Grenzer (bevor er den Rucksack anpackt) öffnet er wortlos das Zwischentor und lässt mich durch…
Ich: (sprachlos)
Grenzer (sprachunwillig)

Ich bin in Amerika (wo ich mich jetzt gerade wie ein illegaler Einreisender fühle und auch auch eigentlich gar nicht mehr sein möchte)

Deutsche Wurst habe ich immer noch nicht dabei. Würd mich jetzt aber trösten.

In Kanada brauchte ich 2 Stunden um die Grenze passieren zu können. In Ecuador ebenfalls. Von Botswana und Sambia habe ich hinreichend berichtet. Südafrika war die Hölle. Mitten in der Nacht dreimal eineinhalb Stunden an unterschiedlichen Schaltern. In Dubai hat man mir ein falsches Visumsdatum eingestempelt, so dass ich nochmal zum Flughafen musste… Grenzübertritte sind gekennzeichnet durch Papierarbeit, so dass ich meine Reisepass-Nummer mittlerweile auswendig kenne (wer kennt die schon?) und das maschinelle Ausfüllen des letzten Abschnitts jedes Einreispapiers: Nein, nein, nein, nein… (nehmen sie Drogen? haben sie Vorstrafen? sind sie zum Dealen hier? planen sie einen Anschlag? Sind sie geisteskrank?)
Anfangs habe ich noch überlegt, nun kreuze ich nur noch an. Wäre ich für die Einreise in ein Land zuständig, würde ich Fallen einbauen:

Wollen Sie einen Bombenanschlag ausüben? Nein!
Nehmen Sie Drogen? Nein!
Wollen sie 5000 Euro vom Grenzer geschenkt haben?  Nein!

Was würden sich die Leute hinterher ärgern, wenn die Grenzer sie lachend aufklären würden, dass mit dem letzten "Nein" eben keine 5000 Euro den Besitzer wechseln...

Aber Grenzübertritte sind nicht lustig. Sie sind eine ernste Sache. Es geht um die Sicherheit des Landes, wobei sich die Frage stellt, warum so viele Länder trotzdem unsicher sind.

Jedenfalls wird je nach Land Gesicht, Finger oder sonstwas gescannt und dann darf man (so war es bei mir jedenfalls) einreisen und die Unterlagen werden weggeworfen (in Afrika jedenfalls) oder dem FBI übergeben (in den USA vermutlich), der damit allerdings auch nichts anfangen kann, außer sie an Facebook zu verkaufen um die neue Chronik zu vervollständigen.

Nun also das dritte Welt Land-Peru. Ich bin jetzt schon genervt und bringe mich schon einmal in den H9-Modus (Meiner Hauptschulklasse "H9" von einst sei Dank, habe ich einen Modus gefunden, der einen Satz automatisiert hat „Durchatmen, es ist bald vorbei, du schaffst es“) Ich verlasse das Flugzeug und wetze wie verrückt an den anderen vorbei.

Wenn ich etwas gelernt habe, ist es, dass jeder Meter auf dem Weg zur Immigration zählt.

Ich stürze in die Immigrationhalle. Ein freundlicher Offizier begrüßt mich und zwölf besetzte Schalter warten in einer modernen Abfertigungshalle auf mich. Ich bin der einzige Passagier, der es so schnell hierher geschafft hatte. Ich suche mir einen Schalter aus. Eine freundliche Dame lächelt und lässt mich zu Atem kommen. Sie nimmt meinen Pass. Sie schiebt mir ein großes Bonbonglas zu. Bonbon? Ich greife zu und während es auf meiner Zunge zergeht, bin ich sicher: Eine Falle! Drogen? Drogentest? KO-Tropfen? Folter? In meinen Augen erscheinen Blitze. Die Beamtin schaut mich skeptisch an und ich bin sicher sie notiert jetzt in diesem Moment in ihren Computer: Geiseskrank? Ja!

Dann schiebt sie mir den Pass rüber. Wünscht mir einen schönen Aufenthalt in Peru.

Ich bin drin! Ich bin fassungslos. Ich liebe Peru.

Einreise nach Kanada

Willkommen in Peru

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